Hülya, die schon lange weit weg in Paris lebt, soll die Rede zur Trauerfeier ihrer Mutter schreiben, die als berühmte und beliebte Schauspielerin in Istanbul am Sterben ist. Dazu erhält sie ein Paket, darin die Ledermappe ihres verschollenen Vaters mit Briefen, Fotos, Erinnerungsstücken. Zuerst lehnt sie ab. War ihre Mutter eine Feministin, oder überspielte sie mit all ihren Auftritten ihre Verzweiflung? «Dieses Land hat schon immer seine Kinder gefressen» hört sie ihre Mutter kurz vor dem Tod durchs Telefon. Jetzt taucht sie ein in die Erinnerungen an ihre Kindheit, an die auf sie verstörend wirkenden Rollen, die ihre Mutter spielte, an ihren Vater und die Frage, ob der Liebhaber ihrer Mutter und Jugendfreund ihres Vaters etwas mit dessen Verschwinden zu tun hatte. Der Roman schildert vor dem Hintergrund der Geschichte der Türkei des letzten Jahrhunderts die Angst und Verzweiflung von Menschen, die von Freiheit träumen und sich dafür einsetzen, erzählt von Aufständen und Militärputschs. Das äussere Geschehen formt das innere: das Hin- und Her zwischen Aufstand und Mut, Verzweiflung und Trauer, von Unverständnis und Mitgefühl, dem Wunsch und dem Versuch, trotz und in allem zu leben, die Träume nicht zu verraten. Mutig taucht die Protagonistin ein in die Erinnerungen, versucht zu verstehen, zu ergründen, abgründiges anzunehmen und sich mit ihrer Mutter zu versöhnen.
Eine mutige, fesselnde Suche nach Spuren von und über Frauen, die man so gerne vertuschen und nicht wahrhaben und wahrnehmen möchte, die unbekannte Geschichte einer unheimlichen Zeit einfühlsam erzählt.