Finke wirft einen sehr realistischen und selbstkritischen Blick auf ihr ungebundenes Leben - doch der Weg zu diesem Blick ist ein Entwicklungsweg.
Begonnen hat es -?- eigentlich weiss sie es selber nicht, was der entscheidende Auslöser für ihr Nomadentum war. Sie erzählt von vielen Begegnungen, Destinationen, Aufgaben - und sehr schnell wurde mir, als Leserin klar, da ist eine Frau, der es nicht einfach um ‘Fun and Freedom’ geht - sie macht sich Gedanken zu den Orten, den Menschen, den Gepflogenheiten - plädiert für ‘kultur-sensibles’ Verhalten und für Anpassung - ist aber ebenso bereit, als freie Journalistin Unrecht aufzudecken, wie z. B. in Indien, worüber sie dann auch ein Buch geschrieben hat.
Im freien Fall aber merkt sie, dass auch der ungebundenste Mensch Halt und Vertrauen braucht. Nach Verlusterfahrungen durch Tod und Trennung fällt sie in ein eigentliches existenzielles Loch, dem sie sich mithilfe einer Therapie stellt. Die Form ihres Lebens stimmt für sie zwar nachwievor, trotzdem gilt es, den Fokus neu zu stellen. Auch Indien und die massierten Begegenungen mit den misshandelten Frauen schiebt sie über das Psychisch-erträgliche hinaus - auch hier lässt sie sich zwar therapeutisch helfen, bleibt aber trotzdem am Thema dran.
Mir hat in diesem Buch vor allem Finkes Denken imponiert, ihre Haltung gegenüber den Menschen, dem Leben und weniger der Minimalismus. Sie lebt aus dem Koffer, in verschiedenen Ländern, stets auf Zwischenmiete, immer arbeitend - und doch weiss sie, dass auch das im Grunde genommen ein Privileg ist. Was sie für sich als ‘minimalistischen Lebensstil’ gewählt hat, ist für andere ein hartes Schicksal - denn bei allem Minimum hat sie selbst entschieden, was ihr Minimum ist und nicht die Lebensumstände. Vor allem auf den letzten Seiten refelektiert sie offen und freimütig über ihre Wahl und ihre Inkosequenzen. Von daher ist es auch ein Buch, das jedem das Seine lässt, denn Finke stellt das ihre nicht als das ‘Non-plus-ultra’ dar - regt aber zum kritischen Nachdenken an.
Ein Buch, das sich leicht lesen lässt, auch Schmunzelepisoden enthält - aber trotzdem ‘gewichtig’ ist in vielen Aussagen!