Susanne Klingner hat sich einen Vorsatz gefasst: 1 Jahr lang so viel wie möglich selber machen. Was benötigt wird, muss selber hergestellt werden. Ein Vorsatz, der der Autorin einiges an Geduld, Know-how und auch Mut abverlangt hat. Der Weg der Entschleunigung kann auch in Stress ausarten. Amüsant und selbstkritisch, aber manchmal auch deutlich entnervt, erzählt die Do-it-yourself Journalistin Episoden aus ihrem 365 Tage Projekt. Wir erleben, wie der sonst als eher nebensächlich geltende Wetterbericht plötzlich massiv die Laune beeinträchtigt, wie “der Mann” (so nennt Klingner im Buch ihren Lebenspartner) ihren Wahn zu Anfang belächelt (der den beiden dann allerdings lustige Stunden beschert). Klingner besucht eine Käserei, stellt in einem Wochenend-Seminar ihre eigenen Schuhe her und näht sich das kleine Schwarze für die Gala gleich mal selber. DIY ist Lust. Do-it-yourself ist aber manchmal auch nur Frust. Aber…..immer lehrreich und befriedigend. Das Buch ist zwischen ein paar einzelnen Kapiteln mit kleinen Bastelideen und Rezepten angereichert und verfügt im Anhang über viele Internetlinks (u.a. Youtube) und Buchtipps rund um verschiedene Themen wie z.B. Garten, Nähen, Basteln etc.
Meine Meinung:
Die Sehnsucht nach dem “einfachen” Leben ist überall eingezogen. Im Internet, im TV, überall gibt es “Craft it!” Anreize. Und das ist auch gut so. Wir haben verlernt, dass alles seine Zeit benötigt, um sich zu entwickeln, um zu “entstehen”. Was heute ein Klick im Web ist oder ein Besuch im Shopping-Zentrum ist bei DIY auch eine Kunst des Abwartens und vor allem: gutem Zeit-Management. Die Seife muss ruhen (am besten mehrere Monate) und ist nicht sofort verfügbar, wenn man sie benötigt. Kostet dafür umso weniger. Klingner beleuchtet mit ihrem Selbermach-Jahr alle Facetten zwischen Lust, Freude, Frust und Lernprozessen. Mit viel Neugierde bahnt sie sich ihren Weg durch den Baumarkt-Dschungel, bastelt Weihnachtsgeschenke für mehr als 10 Personen und erlebt viele verrückte Momente, die sie mit uns teilt und mit denen wir uns als Hobby-Selbermacher zu jeder Zeit identifizieren können. Persönlich bastle und werke ich selber schon seit einiger Zeit.
Auch wir backen (“der Mann” und ich) unser Brot selber, kochen Marmelade ein und freuen uns über den selbstgestrickten Schal, der dann mit männlichem Stolz im Winter um den Hals getragen wird. Viele Menschen empfinden sie: die innere Leere. Wir sitzen nur noch ausschliesslich vor dem Computer, der Glotze oder treffen Freunde auf Facebook statt im echten Leben. Der Mangel an aktiven, vor allem befriedigenden Erlebnissen, lässt viele Menschen wieder die Freude an ihren eigenen zwei Händen entdecken. Klingner macht es uns vor und macht auch Lust, es selber mal auszuprobieren. Scheitern ist dabei Teil des Erlebnisses. Hier kann ich es ja an dieser Stelle sagen: Mein Brot gestern ist nämlich im Müll gelandet, weil die Hefe wohl nicht mehr gut war. Egal. Bei DIY gilt: Weitermachen ist das Erfolgsprinzip! Und lernen… viel lernen!
Fazit:
Ein Buch, das Lust macht, selber wieder mit den eigenen Händen im Garten die Erde zu durchwühlen, Baumärkte zu stürmen und die Stricknadeln zu schwingen. Das 365 Tage “Mach ich alles selber” Projekt von Susanne Klingner ist eine leichte Lektüre mit vielen interessanten Begebenheiten, Tipps und Tricks für das Bastelherz. Wer gerne selber bastelt und werkelt, wird an “Hab ich selbst gemacht” viel Freude haben beim Lesen. Es ist teilweise auch fast so ein wenig, als ob man sich selber denken hört, während man eigentlich den Gedanken der Autorin folgt.