Dieses Buch ist verstörend, faszinierend, schillernd. Ein Mann reist an Neujahr nach Kyoto. Er selbst gaukelt sich vor, dass er dort nur die Neujahrsglocken hören möchte – dem geneigten Leser und auch dem Protagonisten selbst wird schnell klar, dass dahinter die Hoffnung steigt, er möge seiner ehemaligen Geliebten wieder begegnen. Vor zwei Jahrzehnten hat er sie verlassen – schändlich. Die junge Frau, damals fast noch ein Kind, ist nach einer Fehlgeburt in eine schwere Depression gefallen. In dieser Situation liess er sie im Stich. Unterdessen wurde aus ihr eine in Japan angesehen Malerin – und aus ihm ein Schriftsteller von ähnlichem Rang. Ein Schriftsteller, der die ehemalige Geliebte und ihre Beziehung in einem Werk verewigte und auch massiv verklärte. Natürlich hat sie das Buch gelesen.
Sie lebt unterdessen mit einer Frau zusammen, mit dieser Frau gemeinsam empfängt sie den ehemaligen Geliebten. Es ist ihre Lebensgefährtin, welche den schlimmen Verrat von damals rächen möchte. Dafür wählt sie nahezu biblischen Mittel: Auge um Auge. Sie beginnt, ihn zu verführen – das Ziel ist dem Leser von Anfang an klar, der subtilen Erotik kann er sich jedoch nicht entziehen. Die Sprache des Autors ist messerscharf, klar und gleichzeitig sehr poetisch. Die Handlung geht nur langsam voran - was teilweise quälend sein kann. Man spürt, in welche Richtung es geht - aber man kann es nicht beschleunigen. Ein sehr lesenswertes Buch, was einen jedoch extrem verstört zurückgelassen kann. Auf deutsch leider nur noch antiquarisch