Als Mitte September eine Weihnachtskarte eintrudelt und Elif mit 38 ihr völlig fremden Menschen in eine WhatsApp - Gruppe gesteckt wird, ahnt sie, dass die Weihnachtstage nicht so entspannt wie sonst ablaufen werden. Denn sie wird zum ersten Mal das Weihnachtsfest mit ihrem neuen Freund Jonas und seiner Familie verbringen. Die Neubauers sind besessen von Weihnachten und organisieren bis ins kleinste Detail das Fest der Liebe.
Elif, die bisher mit ihren Eltern und der Schwester zwar Weihnachten gefeiert hat, muss sich eingestehen, dass ihre bisherigen Weihnachten bloss “Pseudo Weihnachtsfeste” waren.
Der Buchtitel sagt schon viel aus. Die Autorin wuchs als Kind türkischer Einwanderer in Heidelberg auf und nimmt nicht nur die deutsche Weihnachtstradition, sondern auch die Neugier und Skepsis gegenüber dieser aus der Sicht von türkischstämmigen Menschen auf. Genau wie die Protagonistin Elif hat auch die Autorin Weihnachtfeste in Deutschland in der Familie ihres Mannes kennengelernt. Durch das Resultat dieser Erfahrungen habe ich mich durch geschmunzelt. Mit sehr feinem Humor und einer Prise Ironie hangelt sich die Protagonistin Elif durch das erste Weihnachtsfest mit ihrem Freund Jonas und seiner biederen Familie. Eine WhatsApp - Gruppe, die im September erstellt wird und die Planung des Weihnachtsfestes erleichtern soll, lässt Elif schon ahnen, dass die drei Weihnachtstage wohl nicht so entspannt vorbeigehen werden, wie die der Jahre zuvor.
Elif erzählt in Ich Perspektive, wie befremdlich sie den Organisationswahnsinn der Schwiegerfamilie in spe findet. Kindheitserinnerungen, als Kind türkischer Gastarbeiter und mitten im Brauchtums-Chaos im Rheinland gelandet, werden durchgegangen. Ein Hase versteckt einmal im Jahr gekochte Eier hinter Sofakissen und in Vorgärten? So gelesen, verstehe ich, dass der Familie von Elif der Kopf geschwirrt hat vor den Bräuchen ihrer deutschen Nachbarn. Und nun also die geballte Ladung Weihnachten für die komplett Weihnachtsunerfahrene. Doch Elif bleibt locker und nimmt auch den einen oder anderen organisatorischen Fehlgriff der Neubauers in Kauf.
Die Autorin nimmt nicht nur die deutschen Traditionen ordentlich auf die Schippe. Sie verfügt über einen feinen Humor, die unterschiedliche Sichtweisen auf das grosse Fest zuzulassen. So hangelt sich Elif von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen aus reiner Unwissenheit. Da wäre dringend Aufklärungsbedarf von Jonas vor dem Fest nötig gewesen. Ab und zu schrammt Aylin Atmaca hart an der Grenze von Rassismus, dies vor allem in Gestalt von Jonas Onkel Georg. Andere Aussprüche oder Fragen mit demselben Hintergrund sind einfach gedankenlos. Allerdings kann Elif den Klischee - Vorwurf nicht nur an die Familie Neubauer vergeben, denn auch sie hat da einige Gedanken zu deutschen Traditionen, die in diese Kategorie fallen.
Neu war zum Beispiel für mich, der Begriff Almanci, der in Deutschland lebende und ursprünglich aus der Türkei stammende Menschen bezeichnet. Die werden von ihren Angehörigen in der Türkei so betitelt.
Es kommt, wie es kommen muss. Das Weihnachtsfest wird eine harte Belastungsprobe für Elif und ihre Beziehung zu Jonas. Mir hat die Figur Elif unheimlich gut gefallen. Sie verkörpert eine Figur, die hinterfragt, auch mal alle Fünfe gerade sein lässt und doch zu sich und ihrer Kultur steht. Jonas kommt da weit schlechter weg und meiner Meinung nach kann Jonas Elif nicht das Wasser reichen. Jonas verfällt denn auch in eine Art Schockstarre, sobald er den Fuss über die heimische Schwelle setzt. Es dauert und dauert, bis er denn mal Partei für seine Freundin ergreift. Dabei unterstelle ich ihm nicht böse Absichten. Es ist eher so, dass vieles, was Menschen einfach so daher sagen, Menschen aus anderen Kulturen arg verletzen kann. Dies ist jedoch auf beide Kulturen gemünzt, was die Autorin sehr gut ausgearbeitet hat.
Mir hat «Ein Alman feiert selten allein» sehr gut gefallen und unterhalten. Ich mochte die Mischung aus witzigen und nachdenklich machenden Szenen.
Dieses Buch ist das Debüt der Autorin und ich würde mir wünschen, dass es weitergeht mit Elif und Jonas. Ich sehe da viel Potenzial auch ihren weiteren Lebensweg aufzuzeichnen.