Bei “Wölfe” von Hilary Mantel handelt es sich um einen starken Auftakt der Tudor-Trilogie. Der extrem spannende und ausführliche Historienroman spielt zwischen 1520-1535 im gespaltenen England. Thomas Cromwell, Sohn eines Schmiedes, arbeitet sich geschickt als Kaufmann in den Dienst des Kardinals Wolsey auf und endet als Berater des berühmt berüchtigten Henry VIII. Denn nur Cromwell ist willens mit Rom zu brechen um dem König die Scheidung und damit zweite Ehe mit Anne Boleyn zu ermöglichen. “Wölfe” folgt den Schritten Cromwells sehr detailliert, weshalb der Roman ein gewisses Grundwissen voraussetzt. Andernfalls würde sich eine gewisse Überforderung anhand der zahlreichen Adligen mit ihren Titeln, Ländereien und Machtinteressen einstellen. Anfangs fiel mir der Schreibstil etwas schwer, ich konnte der Handlung und den verschiedenen Charakteren nicht recht folgen, doch nach etwa 100 Seiten kam ich damit gut zurecht. Einen Pluspunkt gewann die Autorin vor allem, weil sie die Vorkommnisse nicht einfach trocken schildert wie bei historischem Stoff die Gefahr besteht, sondern immer wieder mit ironischen Bemerkungen glänzt. Die Autorin umgeht Gerüchte und ihren Wahrheitsgehalt bezüglich Anne Boleyn geschickt indem sie immer wieder Anspielungen einfliessen lässt, diese jedoch nicht näher verfolgt. Thomas Cromwell, bekannt als politisches Genie, ist in ihrer Interpretation sehr vielschichtig, höchstintelligent, doch nicht ohne Fehler gezeichnet, was mir sehr sympathisch war. Henry VIII hingegen fand ich etwas zu harmlos charakterisiert, denn es ist allgemein bekannt wie sehr er den Frauen am Hof nicht gerade abgeneigt war.
Durch diesen Roman erhält man einen interessanten Einblick in die Politik der damaligen Zeit, wie die Machtverhältnisse aufgebaut, wie sehr die Stimmung im England der 1530er-Jahre aufgeladen war. “Wölfe” erlaubt einem die historischen Ereignisse und Brennpunkte nachzuvollziehen. Mich hat dieser erste Band der Trilogie von Hilary Mantel völlig begeistert zurückgelassen. Man fiebert ständig mit Cromwell mit, denn die Launen Henrys sind nicht zu unterschätzen und damit ist es nur eine Frage der Zeit bis Cromwell den Platz an der Spitze räumen muss.