“Die Brücke” ist eine Praxis für Psychotherapie. Die Therapeuten, denen die Brücke gehört, sind Britta Söldner und Babak Hamwi. Sie haben es mit den unterschiedlichsten Menschen zu tun und zelebrieren und organisieren das, was der Gesellschaft fehlt.
Nämlich, die Therapie williger Selbstmörder oder einen sinnvollen Grund Selbstmord zu begehen. Sie organisieren Terroranschläge und Märtyrertod, begutachten und evaluieren ihre Kunden.
Diese Geschichte strotzt nur so vor unwahrscheinlicher Handlung, an den Haaren herbeigezogenen Dialogen und einem Plot, der einen erst mal schlucken lässt.
Britta, die eigentlich ein ganz normales Familienleben führt, spielt sich als Richterin über Leben und Tod auf. Okay, bei diesem Familienleben, mit einem Mann, der nichts auf die Reihe kriegt und einer 7-jährigen Tochter, die sehr verwöhnt ist und am liebsten spielend Menschen ermordet, muss man wohl irgendwie seinen Frust abladen. Ich wurde nicht warm mit Britta, denn ihre Art auf andere Menschen herabzusehen, konnte ich nicht ab. Ein müdes Lächeln hat sie unter anderem für andere Eltern und belächelt schon mal deren Art ihre Kinder zu erziehen. Arroganz legt sie haufenweise an den Tag, wenn es um ihre beste Freundin Janina geht, die zwar weniger Geld, dafür umso mehr Herz als Britta hat.
Ach ja, gesegnet ist Britta ausserdem mit einem etwas seltsamen Arbeitspartner. Babak, der aus einer irakischen Familie stammt und sich in Braunschweig immer wieder Vorurteilen gegenübersieht, war mir grundsätzlich sympathisch. Leider blieb er, den ich als interessanteste Figur des ganzen Buches einschätze, etwas blass, neben der alles dirigierenden Britta. Er ist ein Genie, denn er kreiert einen Algorithmus, den er Lassie nennt und mit dem er das Darknet nach potenziellen Kunden absucht. Kunden, die Selbstmord verüben wollen.
Babak und Britta zelebrieren Waterboardingspielchen und verstehen sich ohne Worte. Nun ist nicht alles schlecht, was die beiden in ihrer Brücke so treiben, denn sie schaffen es ja, einige ihrer Kunden, die sie aus dem Darknet filtern, zu heilen. Wie sie es machen, ist unwahrscheinlich und bei den erwähnten Therapiegesprächen fallen öfters, die von mir oben angesprochenen und an den Haaren herbeigezogenen Dialoge. Ich kann mir nämlich absolut nicht vorstellen, dass jemand, der Selbstmord begehen will, solche Gespräche mit einem Therapeuten führt.
Es wird auch politisch in diesem Buch. Mehrmals findet die zurückgetretene Frau Merkel Erwähnung, denn schliesslich spielt diese Geschichte 2025. Da Juli Zeh «Leere Herzen» 2019 geschrieben hat, konnte sie ja nicht wissen, dass dieses Ereignis eher eintrifft. Die Autorin wandert mit dem erhobenen Zeigefinger durch das Buch und mahnt jene Bürger, die auf ihr Wahlrecht freiwillig verzichten.
Ich wurde nicht so richtig warm mit dem Plot. Auch wenn Frau Zeh ohne Frage einen hervorragenden Schreibstil hat, konnten mich die Figuren und die Idee nicht richtig packen.