Peter Berg hat mit „Oh wie schön ist Trinidad“ eine Mischung aus Reisebericht, Krimigeschichte, einer Suche nach sich selbst und der Erzählung einer Jugendfreundschaft geschaffen. Den pensionierten Kriminalbeamten Jens Schneider erreicht ein Hilferuf von seinem alten Schulfreund Egon aus der Karibik. Und obwohl sich die beiden Männer seit langem aus den Augen verloren haben, macht sich Jens kurzentschlossen auf in die Karibik. Bereits früh im Roman deutet sich an, dass sich Egon mit den falschen Menschen eingelassen hat und auf die Hilfe seines Freundes zählt. Und so begeben sich die Leserinnen und Leser gemeinsam mit Jens auf die Reise zu paradiesischen Traumständen, bezaubernden Landschaften, freundlichen Menschen überschattet von Korruption, Drogenschmuggel und Menschenhandel.
Ich lasse mich oft von Cover und Titeln zum Griff nach einem Buch inspirieren. Bei „Oh wie schön ist Trinidad“ war dies gleich auf beiden Ebenen erfolgreich. Zum einen fand ich das Cover sehr ansprechend. Clean und durch den farbigen Vogel (einen Turkan) doch aufmerksamkeitsstark. In den karibischen Ländern gilt der Turkan durchaus als dämonisch und so stellt sich gleich zu Beginn die Frage, mit welchen Dämonen Leserinnen und Leser in der Erzählung konfrontiert werden würden. Dann der Titel, der mich direkt in meine Jugend zurückversetzte, denn die Erzählung „Oh wie schön ist Panama“ habe ich seinerzeit sehr geliebt. Wird es bei diesem Roman auch um eine solche Reise gehen, aus der man mit der Erkenntnis zurückkehrt, dass es zu Hause einfach am schönsten ist?
Mir fiel das Eintauchen in die Geschichte leicht. Die nüchterne und doch bildgewaltige Sprachwelt des Autors ließ direkt Bilder vor dem inneren Auge entstehen. So saß man förmlich mit dem Protagonisten Jens in der Maschine, wartete auf dem Rollfeld, ob die Reise weiterging und durchlebte mit ihm seine unterschiedlichen Gedanken, die sich Bahn brachen.
Interessantes Stilelement war der „Einklinker“ aus dem Reiseführer, der Wissenswertes über das Reiseziel vermittelte und den Aspekt des Reiseberichtes verstärkte, dem man im Roman durch ausführliche Beschreibungen von Landschaften immer wieder begegnet.
Die Geschichte entwickelt sich langsam, dass Egon nur scheibchenweise mit seinen Problemen rausrückt und auch bei mir immer das Gefühl zurückblieb, dass nie alles ehrlich auf den Tisch gekommen ist. Jens ist für mich eine sehr ambivalente Figur. Einerseits leichtsinnig und abenteuerlustig, wenn er ohne Ortskenntnisse und Begleitung den Dschungel durchkämmt und anderseits sehr distanziert gegenüber dem Geschehen und den Personen in seinem Umfeld. Er wirkt mehr wie ein Beobachter denn Teil der Handlung. Mit dem Verlauf der Handlung wurden mir die beiden männlichen Protagonisten zunehmend unsympathisch. Jens ist trotz seiner Vergangenheit als Kriminalbeamter befremdlich passiv und nimmt die Entwicklungen viel zu leicht. Seine Lebensgefährtin Catherine lässt er bei seiner spontanen Reise nach Trinidad zurück, stellt sie im Verlauf des Buches als seine Herzensdame dar und setzt dennoch nicht alle Hebel in Bewegung, um sich wie versprochen bei ihr zu melden. Egon war für mich schon zu Beginn kein Sympathieträger. Im Verlauf des Buches verstärkte sich dieser Eindruck immer weiter. Er scheint nicht wirklich den Wunsch zu haben, etwas zu ändern, würde vielmehr lieber alles so belassen und ohne Beschädigung aus den Machenschaften herauskommen. Sein beständiges „Okaaaay“ oder „Keep cool, you will see“ wirken nicht so, als würde er von seiner Seite aus sich den Konsequenzen seines Handelns stellen wollen. Er sucht aus meiner Sicht den einfachen Weg und die Bestätigung von außen, so weitermachen zu können, wie bisher.
Insgesamt ist der Aspekt des Krimis in dem Roman nicht ausgeprägt genug, die Auflösung es Ganzen am Ende unerwartet. Mehr will ich hier nicht verraten. Mir hat hier die kribbelnde Spannung gefehlt.
Dafür lassen die vielen detaillierten Beschreibungen der Landschaft und Insel den Aspekt des Reiseberichtes stark hervortreten. Man lernt viel über die Insel, die Kultur und die Geschichte und geht so ein bisschen mit auf die Reise in die Karibik. Dies wird durch die Playlist am Ende des Buches noch verstärkt.
Interessant fand ich den Aspekt der Suche nach sich selbst, der immer wieder im Buch durchscheint. Jens stellt sich viele Fragen auch über die Religion, befeuert durch ein Buch, welches Catherine ihm ins Gepäck geschmuggelt hat und das mit der Aufforderung beginnt „Legen Sie den Startpunkt Ihrer Route fest“ oder auch „…. Dass das Ziel meiner Reise Harmonie war. Harmonie mit mir selbst und im Einklang mit Gott“. Jens scheint am Ende seinen inneren Frieden gefunden zu haben, sich zumindest diesem sehr weit angenähert zu haben. Dieser Aspekt der Geschichte hat mich mit den restlichen Aspekten etwas versöhnt.
Mein Fazit: Das Buch lässt mich ambivalent zurück. Der Schreibstil des Autors ist sehr angenehm, lässt ein Eintauchen in die Geschichte leicht zu. Den Dämonen, die sich in Form des Turkan ankündigen, begegnet man in vielen Aspekten der Geschichte. Die Sinnsuche von Jens gibt Denkanstöße und nimmt für mich denn auch den indirekten Bezug zu „Oh wie schön ist Panama“ auf, denn für mich ist eine Erkenntnis von Jens, dass es zu Hause doch am schönsten ist. Die überraschende Wendung im letzten Kapitel gibt dem Buch einen versöhnlichen Abschluss. Die Kriminalgeschichte und auch die (Nicht-)Entwicklung einiger Figuren zählen für mich zu den weniger bereichernden Aspekten.