Die Autorin Alka Joshi erzählt mit ihrem Buch die Hennakünstlerin die Lebensgeschichte einer indischen Frau namens Lakshmi, welche nach einer Zwangsheirat von ihrem gewaltätigen Ehemann wegläuft und beginnt sich ein eigenständiges Leben in Jaipur aufzubauen. Doch das scheinbar erfolgreiche Geschäft, welches sich Lakshmi mit der Zeit durch die Bemalung der Hände und Füsse der Damen der oberen Gesellschaftsschicht aufgebaut hatte, währt nicht lange an.
Als Lakshmi Schwester Radha plötzlich in ihre Leben eintritt, beginnt sich ihre Situation zu ändern. Sie muss verschiedene Hindernisse überwältigen, wobei sie Entscheidungen treffen muss, welche ein gewisses Risko mit sich bringen.
Alka Joshi angenehmer Schreibstil mit einer Tendenz zur minimalen und doch detailierten Beschreibung lädt den Leser ein in Lakshmi Leben in Jaipur einzutauchen und sie bei ihrer Tätigkeit zu begleiten. Ihr gelingt es einen den Spannungsbogen immer wieder neu aufzuspannen. Besonders gefallen hat mir an ihrem Schreibstil, wie sie die Vergangenheit von Lakshmi in die Geschichte mosaikartig einbaut. Man lernt die Charaktere Schritt für Schritt kennen. Wer am Anfang mit dem Gebrauch Hindischer Wörter überfordert ist, sollte sich diese Herausforderung stellen. Es lohnt sich.
Das Buch verführt in das Indien in den 50er Jahren. Die Geschichte von Lakshmi wird eingebettet in die strengen gesellschaftlichen Strukture, welche vom Kastensystem geprägt ist. Zu dem spricht das Buch die Ideale der damaligen Gesellschaft an, insbesondere die Macht des Mannes über ihre Frauen. So entflieht die Hauptfigur ihrem Ehemann; so versucht Kanta, eine Kundin von Lakshmi, verzweifelt ein Kind zu bekommen, weil kinderlose Ehen gesellschaftlich nicht akzeptiert werden; so wird Lala und ihre Nichte als Angestellte entlassen, weil die Nichte ausserehelich schwanger ist; so versucht Laskhmi durch eine Adoption durch den Palast, die Folgen eines ausserehelichen Kindes, von ihr und Radha abzuhalten und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schützen; so betreibt Laskhmi mit Samir, einem Mann der oberen Gesellschaft, welcher sich seine Zeit gern mit verschiedenen Geliebten verbingt, im Untergrund ein Geschäft für Verhütungs- und Abtreibungstees. Das Buch zeigt die paradoxe Gesellschaft auf. Auf der einen Seite werden Ehefrauen gezwungen Kinder zu bekommen, auf der anderen Seiten werden aussereheliche Kinder in keinerweise akzeptiert noch gewünscht. Bei all diesen Fragen erscheint der Wille der Betroffenen im Hintergrund zu stehen, während das gesellschaftlich Akzeptierte im Vordergrund steht.
Auch wenn das Buch im Indien der 50er Jahre spielt, hat das Buch angesichts der derzeitigen Debatte über Abtreibungen und die gesellschaftliche Ideale, welche noch heute existieren, einen Bezug zur Gegenwart.
Das Buch regt an, sich Gedanken über die Gesellschaft zu machen und die Beziehung zu verschiednen Menschen zu hinterfragen.