Der Plot handelt von einer privilegierten Mittdreissigerin, Dora, die während des (ersten) Corona-Lockdowns Landflucht begeht, sprich aus dem fancy-nancy Werbebranchen-Berlin nach Bracken, ein Dorf in Brandenburg, zieht, wo sie sich ein Häuschen gekauft hat und sich nun in der ‘Provinz’ unter den gegebenen Umständen zurechtfinden versucht.
Die Geschichte ist sehr gegenwärtig, da Dora mit Themen wie Corona/-Massnahmen, Corona-Gegner, der Stadt-Land-Problematik, aktuelle Politik (AfD, Neoliberalisten vs. Rechte), Rassismus, die Transformation der neuen Bundesländer (Ost/West-Konflikt bis heute) und Klima-Aktivismus bis zur Radikalisierung konfrontiert ist. Die Frage der Freiheit(en) schwingt dabei stets mit.
Hauptsächlich scheint sowohl das Thema der Entfremdung aufgrund Überzeugungen thematisiert, als auch eine mögliche Annäherung trotz konträrer Einstellung und Weltanschauung: Dora fällt aus ihrer ach-so-hippen, links-liberalen Berliner-Bubble heraus und wird mit einem Leben konfrontiert, in welchem sich Menschen nicht so leicht schubladisieren und aufgrund Kategorisierung in gut/böse ignorieren lassen. Nun gilt es für Dora sich und ihre Einstellungen in ihrem neuen Biotop zu hinterfragen und sich mit einer veränderter Lebenssituation und neuem Umfeld zu arrangieren.
So wie Dora im Buch Ambivalenzen auszuhalten hat, hatte auch ich bei der Lektüre mit Herausforderungen zu kämpfen: Obschon mein erstes Buch von Juli Zeh, hatte ich grosse Erwartungen an die Lektüre, die nur zum Teil erfüllt wurden. Eine einfache Sprache gespickt mit bildungssprachlichen Ausdrücken, symbolträchtigen Beschreibungen und überraschendem ornithologischen Wissen umschreibt die Lebenssituation einer mässig-sympathischen Protagonistin - das dafür sehr lebensecht und nachvollziehbar. Die Autorin lässt mich leider mit ihrer ‘Message’ respektive ihrem latenten ‘Programm’ im Dunkeln zurück; ich kann es nur erahnen, was der Lektüre einen faden Beigeschmack hinterlässt.