Nur knapp mehr als hundert Seiten reichen Annie Ernaux aus, um ein Thema darzulegen, das gerade auch heute brandaktuell ist.
Im Jahr 1963 wird die dreiundzwanzigjährige Annie ungewollt schwanger. Sie ist mitten im Studium und will auf keinen Fall dieses “Ding” austragen. In der damaligen Zeit ist es undenkbar, dass sie sich ihrer Mutter oder ihrem Vater anvertraut. Sie sucht ihren Arzt auf und versucht herauszufinden, wer ihr aus dieser misslichen Lage helfen kann.
Auf von Annie Ernaux gewohnt eigene Art, beschreibt sie analytisch und nüchtern die Erlebnisse in der Zeit zwischen Oktober 1963 und Oktober 1964. Sie empfindet dem Fötus gegenüber keine Gefühle, sie will ihn nur weghaben. Sehr ehrlich, ohne etwas zu beschönigen berichtet sie - auch die Reaktionen der Personen, denen sie von der Schwangerschaft erzählt. Genau so nüchtern berichtet sie vom ersten missglückten Abtreibungsversuch und vom zweiten. Trotz dieser Nüchternheit vermag sie es, die Geschehnisse so zu erzählen, dass man mitempfindet und es nur schwer erträgt. Obwohl die Emotionen nicht beschrieben oder ausgekostet werden, geht das Ereignis absolut nah.
Dass Annie Ernaux auch in diesem Buch autobiografisch erzählt macht es für mich umso wertvoller. Ihre Schlussaussage hat mich zutiefst berührt. Aber lest das Buch selber. Ich möchte diese Schlussaussage hier nicht zitieren, weil diese Schreibkunst für mich in das Buch gehören und nichts herausgenommen werden darf.
Eine absolute Leseempfehlung - 💙💙💙💙💙➕