Dieser schmale Band von Margot Kässmann vereint Kolumnen, die sie 2006 in einer Zeitung veröffentlicht hat. Sie hat sie teilweise angepasst und ergänzt und die für das Jahr fehlenden dazu gefügt (aufgrund ihrer Krebserkrankung konnte sie das angebotene Schreibjahr nicht vollenden).
Es sind lose Texte, die sowohl das Tagesgeschehen in Deutschland aufgreifen, wie jenes in der Welt. Sie thematisiert Feste des Kirchenjahres, nimmt Stellung zu Meinungen und Tendenzen - und dabei kein Blatt vor den Mund. Auch wenn sie ihre Position klar vertritt und deutlich formuliert, so doch immer mit Respekt und Weite, fundiert und in der Bereitschaft, die andere Seite zu verstehen.
Dabei versucht sie stets einen Sinnhorizont zu eröffnen (gerade bei schwierigen Themen wie z.B. die Transrapidkatastrophe) und einen ‘Deuteschlüssel’ aus dem Fundus ihres Glaubens und der Bibel zu geben. Gerade dabei geht sie mit viel Fingerspitzengefühl vor, wenn sie die Leser:innen dort abholt, wo sie gerade mit ihren Gefühlen, Stimmungen, mit ihrem Wissen und ihren Sorgen stehen. So führt sie bei Ostern vom ‘scheinbaren’ Frühlingsfest (wenn man in die Schaufenster und das Kaufverhalten… schaut), zur eigentlichen Kernbotschaft - um genau darin DEN Grund für die Auch-Richtigkeit des Frühlingsfestes zu finden - doch die Reihenfolge muss stimmen.
Sie hat den Mut, ‘öffentlich’ zu glauben, ohne zu ‘hausieren’. Und sie hat ebenso den Mut auch andere Meinungen und Glaubensauffassungen gelten zu lassen - denn für sie ist klar, ein ‘aus-schliessender’ Glaube ist kein tragfähiger Glaube, der in die Freiheit und Weite führt. Diese Natürlichkeit und Offenheit finde ich überzeugend.