Ich hatte bereits “Weisse Nächte” von Dostojewski gelesen, was mich sehr berührt hat. Nun wollte ich sein erstes Werk lesen und war gespannt, ob man seine Entwicklung rauslesen kann. Insbesondere hat mich das Thema Armsein interessiert, besonders in Russland im 19. Jahrhundert,
Warwara Alexejewna ist ein junges Mädchen, welches zusammen mit ihrer Verwandten in einer kleinen Wohnung im Armenviertel von St. Petersburg lebt. Ein wunderschönes und intelligentes Mädchen, jedoch von Schicksal gezeichnet. Sie ist nämlich eine Waise und arm. Sie schreibt fast täglich mit dem herzensguten Beamten Makar Alexejewitsch Briefe. Ihre Korrespondenz besteht hauptsächlich schriftlich. Sie erzählen sich gegenseitig, was sie alles erleben, wie es ihnen geht und in welcher Not, oder welche Freude sie gerade sind. Etwa ein Jahr lang erzählen sie von einander, bis Warwara eine Chance bekommt, aus ihrer Armut zu flüchten. So endet der Briefwechsel zwischen den beiden.
Dostojewski kann wirklich sehr gefühlvoll schreiben, so dass man die Gefühle, insbesondere deren Verzweiflung, nachempfinden kann. Es ist knallharte Realität, wie es damals mit der Armut ausgesehen hat. Die Menschen kämpfen täglich um’s Überleben und ackern sich zu Tode (im wahrsten Sinne des Wortes). Aus der Korrespondenz konnte man herauslesen, dass der Beamte Makar weit mehr für Warwara empfindet, als er zugeben möchte. Warwara hingegen hält ihn für einen herzensguten Menschen und so unterstützen sie sich gegenseitig, wo sie nur können. Die Vergangenheit von Warwara hat mich berührt und konnte ihren Schmerz und ihre Verzweiflung nachempfinden. Sehr trauriges Schicksal. Makar hat sehr vieles für sie getan, zu viel eigentlich. Doch wenn die Liebe im Spiel ist, ist es niemals genug. Daher konnte ich auch seine Taten nachvollziehen, obwohl er sich deswegen in Schulden getrieben hat. Ich war aber dennoch überrascht, wen Warware schliesslich geheiratet hat. Natürlich will man aus der Armut raus, aber geht es einem Menschen besser, wenn er sich ins nächste Verderben stürzt? In ihrem Fall, jemanden heiraten, obwohl man ihn gar nicht mag, nur nicht mehr arm sein zu müssen? Sie weiss ja nicht, wie er wirklich ist und was er ihr alles antun könnte. Makar’s Verzweiflung war zum Greifen und Warwara’s Traurigkeit ebenso. Allerdings ist Dostojewski nicht weiter auf die Personen eingegangen. Auch wenn ich die Charaktere mochte, so konnte ich sie nicht greifen. Er ging lediglich auf die Armut ein, liess aber das ganze drumherum aus (Politik, Religion, Sozial, Recht). Diese Ansichten hätten die Geschichte wahrscheinlich noch interessanter gemacht und auch tiefgründiger.
Wer Dostojewski’s Werke mag und sich für die russische Literatur im 19. Jahrhundert interessiert, ist dieses Werk empfehlenswert. Regt definitiv zum nachdenken an, obwohl eine gewisse Tiefe fehlte. Dennoch sehr interessant, wie die Menschen damals mit der Armut umgegangen sind.