Elizabeth Zott, eine hochintelligente junge Frau und Chemikerin. Jedoch schreiben wir die 1950er Jahre. In der US-amerikanischen Gesellschaft haben Männer das Sagen. In der Wissenschaft sowieso. Frauen gesteht man zu, dass sie hübsch und sexy sind, dass sie daheim die Kinder aufziehen, dass sie den Haushalt schmeissen. Und definiert sie ansonsten über das, was Mann ist. Die Menschen sind nicht gleich und Frauen durchschnittlich.
Für Elizabeth keine Option. Sie tief davon überzeugt, dass alle Menschen gleich sind. Sie brennt für die Wissenschaft. Aber die Wissenschaftler nehmen sie nicht ernst, auch wenn ihre Arbeit noch so brillant ist. Und obwohl die Herren Kollegen sehr gerne von ihrem Wissen profitieren, da sie selbst nicht so überragend sind, wie sie von sich selbst meinen. Dann trifft Elizabeth auf Calvin Evans, nominiert für den Nobelpreis in Chemie. Er nimmt Elizabeth sehr ernst!
Bonnie Garmus stellt ihre Protagonistin in eine höchst frauenfeindliche Umwelt. Die Geschichte ist von der ersten Seite an mitreissend! Die Charaktere ihrer Protagonisten hautnah und schonungslos beobachtet. Dabei ist Garmus Schreibstil herrlich lakonisch, was die Ungeheurlichkeiten gegenüber Elizabeth um so krasser herausstechen lässt. Was Elizabeth eine unbeirrte Geradlinigkeit verleiht. Als Leserin kann man sich Garmus nicht entziehen. Frau fiebert mit, frau regt sich auf, frau ist traurig, frau leidet mit - und frau kann immer wieder befreit lachen.
Virtuos hält Garmus ihre Leser in Bann und die Leserinnen identifizieren sich mit Elizabeth. Möchten etwas von ihrem Mut, ihrer Hartnäckigkeit, ihrer Direktheit und ihrer Kosequenz, ihrem trockenen Humor, ihrer Unbequemheit haben.
Chemie ist überall - nicht nur in der Wissenschaft. Zwischen zwei Menschen. Beim Kochen. Das ganze Leben ist Chemie und Chemie ist Veränderung. Dieser Erkenntnis kann sich niemand entziehen.
Garmus hat mit ihrem Erstlingswerk die Messlatte hoch gelegt, sehr hoch. “Eine Frage der Chemie” ist eine Geschichte, die im fest umgrenzten Zeitrum 1956 - Januar 1962 angesiedelt ist. Aber die heute noch brandaktuell ist und es in 20 oder 30 Jahren noch sein wird. Garmus hat einen Bestseller geschrieben, packend und zeitlos, der sich der Schubladisierung in eine Buchkategorie elegant entzieht. Tragödie? Komödie? Liebesgeschichte? Frauenroman? Wer sich auf Elizabeth Zott einlässt, wird noch lange an sie denken. Vielleicht die Chemie des eigenen Lebens ein wenig verändern? Ich war selten so hingerissen von einem Buch.
Auch Mann sollte dieses Buch lesen!
Das Buchcover passt hervorragend zu Elizabeth Zott und stimmt auf die 1950er Jahre ein.