Das Buch beginnt mit dem wirklichen Tod eines Schauspielers auf der Theaterbühne, als der seinen Selbstmord hätte spielen sollen. Melo beschreibt diese einleitende Szene drastisch, das Bild des auf den Rängen verteilten Hirns nach dem finalen Schuss von Tele-Novela-Star Fàbbio Càssia. Wer hat diesen TV-Star, der sich nichts sehnlicher wünschte, denn als ernstzu- nehmender Theaterschauspieler wahrgenommen zu werden, umgebracht? Azucena Gobbi ist als Leiterin der Spurensicherung in die Ermittlungen an vorderster Front involviert. Eine eigenwillige charismatische Ermittlerin mit Scharfsinn, deren Privatleben erschüttert wird, während sie versucht, den Fall aufzuklären. Die Handlung spielt im Heimatland der Autorin, im brasilianischen Sao Paolo. Und wir tauchen in eine Polizeiwelt ein, die durch Korruption, Brutalität und bürokratische Ineffizienz geprägt ist. Dass der Schauspieler von einer sensationsgeilen Boulevardpresse verfolgt wurde, seine Lebensgefährtin in einem Trash-TV-Format à la “Ich bin ein Star, holt mich hier raus” trauernde Witwe spielt, all das kompliziert das Ermittlungsgeschehen zusätzlich. Wie brutal die Presse das Leben des toten Stars und seiner Entourage beobachtet und seziert und wie billigste Unterhaltung den Alltag in der Millionenstadt prägen, liest man hier sehr anschaulich. War es die karrierebewusste Lebensgefährtin? Spielte ein Versicherungsbetrug eine Rolle? Die Ermittlungen laufen immer wieder ins Leere, und es werden doch so dringend Ermittlungsergebnisse erwartet. Am Schluss ergibt sich durch ein winziges Detail, eine Beobachtung Azucenas eine genretypische Wendung, in deren weiteren Verlauf der Leiterin der Spurensicherung ein so folgenreicher Fehler unterläuft, der sie in unmittelbare Gefahr bringt. Die Stärken des Buches sind einerseits das exotische Umfeld in Brasilien, das von der Autorin durchaus gesellschafts- und sozialkritisch geschildert wird und die eigenwillige Ermittlerin, sonst ein typischer Krimi.