Die „Schachnovelle“ kommt zunächst fast unschuldig daher. Nur wenige Seiten dick und durch die bildhafte Sprache geht man fast als blinder Passagier mit an Bord. Doch was so leicht startet entpuppt sich als eine beeindruckende Beobachtung menschlicher Verhaltensweisen. Der Schachmeister, der sich intellektuell kaum auszeichnet, wäre da nicht das Schachspiel. Der Passagier, der so von sich überzeugt ist, dass er sich jeder Herausforderung stellt und dem kein Wetteinsatz zu hoch erscheint, wenn er sich dadurch profilieren kann. Und dann Dr. B. die wohl tiefgründigste Person in der Novelle. Von den Nazis verfolgt entgeht er zwar den Konzentrationslagern, da sich die Nazis wichtige Informationen von ihm erhoffen. Doch die Einzelhaft ohne menschliche Ansprache in immer demselben Raum wird so anschaulich beschrieben, dass die Grausamkeit des Nazi-Regimes in jeder einzelnen Zeile spürbar wird. Nur durch das Schachspiel schafft er es, die Hölle zu überstehen, schafft sich dadurch aber eine eigene neue Hölle. Auch Jahre später reicht ein kleiner Stoß und er ist wieder in den Klauen des Erlebten gefangen.
Beeindruckend, wie Zweig hier die Personen und Handlungen miteinander arrangiert. Die Erzählweise ohne erkennbare Absätze verstärken die Atemlosigkeit der Erzählung, machten es mir aber schwerer, die Novelle zu lesen – so ganz ohne Atempausen.