Dieses Buch von Federica de Cesco ist für mich etwas schwer einzuordnen… Was sind Fakten, was Fiktion? Was Mythos und was das reale Leben? - Und doch: in jedem Leben ist beides in irgendeiner Weise verwoben - und manches findet man völlig ‘beknackt’ - bis es einen dann packt. Auf der Suche nach der eigenen Identität ist man oft enger mit dem ‘Schicksal früherer Zeiten’ verwoben, als man denkt - und mitunter einem lieb ist…
Da ist Leo, Archäologiestudentin in Lausanne, der Vater Jan dort im selben Fach Professor. Mit 20 wird sie von ihrer Grossmutter Katja in ein ‘Familiengeheimnis’ eingeführt - wobei man als Lesende/r nicht genau mitbekommt, worum es geht - bei der zweiten Ausführung desselben Themas wird Katja ausführlicher und bettet die Geschichte und den Mythos der sogenannten ‘Vogelmenschen’ in einen riesigen geschichtlichen Abriss hinein, der in der prähistorischen Zeit wurzelt. - Was es allerdings mit ‘der Familie’, insbesondere mit ‘Leo’ zu tun hat, wird auch da nicht näherhin klar.
In London trifft Leo in einem Museum auf ‘Kenan’, der Sohn ausgewanderter Türken, die Mutter Jesidin, er angehender Künstler. Seelenverwandtschaft wird irgendwie spürbar zwischen den beiden. Als Jan in den Sommerferien zur Ausgrabung nach ‘Göbekli Tepe’ ins kurdische Gebiet der Türkei reist, um die voran geschrittenen Ausgrabungen zu begutachten und zu begleiten, reisen Tochter und Freund mit.
An dieser Stelle wird der Roman sehr politisch: de Cesco bringt die ganze Thematik der Kurden, Jesiden und Türken aufs Papier, der Islamismus und seine ‘Gotteskrieger’. Hier werden sich auch die Ereignisse überschlagen - und genau darin, im Grunde genommen auf dem Höhepunkt ‘des Horror’, findet Leo den Zugang und Mut ihr tieferes, ererbetes Familiengeheimnis für einen Augenblick Ewigkeit zu leben… Hier trifft sich Realität und Mythos auf eigenartige und beklemmende Weise - was soll man/ich davon halten?! Ist so etwas möglich?! - Es wird dem Lesenden überlassen zu erahnen, dass es zwischen Himmel und Erde mehr als das Erklärbare gibt…
Etwas schwach finde ich den abschliessenden ‘Epilog’ - fast ein wenig à la Märchen (und wenn sie nicht gestorben sind…. - nur etwas differenzierter und ausführlicher).
Ein Buch, das in den Gedanken offen bleibt, auch wenn man es schon längst geschlossen hat….