Roseton, Pennsylvania, USA, 1920. Harriet Sherwood wollte jemandem helfen und landete dafür im Gefängnis. Warum musste ausgerechnet Tommy O’Reilly – ihr Widersacher aus Kindheitstagen und nun Polizist – sie verhaften? Sie hat Zeit über ihr Leben nachzudenken, insbesondere über ihre geliebte Grossmutter Beatrice „Bebe“, die sicherlich sehr enttäuscht von ihr ist. Die Frauen ihrer Familie sind beeindruckende Persönlichkeiten: Urgrossmutter Hannah, Grossmutter Bebe oder auch ihre Mutter Lucy. Der Glaube hat sie gestärkt und ihnen geholfen, ihre Kräfte für die ihnen wertvollen Ziele einzubringen – auch wenn das Wasser des Lebens nie ruhig dahinfloss. Was soll Harriet nun mit ihrem Leben anfangen?
Erster Eindruck: Auf dem Cover ist ein altes Foto eines Mädchens, wahrscheinlich von Bebe.
Die Geschichte beginnt mit Harriet im Gefängnis, geht aber dann zurück zu Bebes Kindheit und den Kriegsjahren, in denen sie an der Seite ihrer Eltern die Felder bestellte, da die Brüder eingezogen waren. Ihr Bruder Franklin hat im Krieg sein Bein und zugleich seinen Lebensmut verloren. Hannah schickt Bebe zu ihm, um ihn zu pflegen und nach Hause zu holen. Dort lernt sie Horatio Garner kennen und ist von seiner Art, sich auszudrücken, sehr angetan. Es ist für sie ungewohnt, so umworben zu werden.
„Das Leben verändert sich immerzu und fliesst wie ein Fluss. Nichts bleibt immer gleich. Und wir müssen auch uns weiterentwickeln und verändern.“
Die Zeit im Hause Garner scheint sehr schwer gewesen zu sein. Bebes Glaube an Gott und ihre Liebe zu Horatio liess sie dieses untätige und einsame Leben – und ihre Schwiegermutter, von der sie nicht akzeptiert wurde – ertragen. Ich dachte mir nur „Chapeau“! Horatio war lange Zeit eher schwach, passiv, depressiv, abhängig. Die Familienverhältnisse sowie die Zeit im Krieg haben tiefste Furchen in seinem Seelenleben hinterlassen.
Glaube, Hoffnung, Liebe – dies sind für mich die Kernpunkte dieses Buches. Die Frauenfiguren haben mich sehr beeindruckt: Hannah, die sehr gläubig war und half, Sklaven zu befreien; Bebe, die sich für die Abstinenzlerbewegung einsetzte; Lucy, die sich aufgrund eines Todesfalls dazu entschloss, ihrem Leben mehr Sinn zu geben und sich für das Frauenwahlrecht einsetzte; Harriet, die gerne den Heldinnen vor ihr nacheifern und anderen helfen wollte, was sie ins Gefängnis brachte. Die Geschichte ist Fiktion, doch gibt es Protagonisten aus dem wahren Leben, wie z.B. Lucretia Mott, die sich für die Abschaffung der Sklaverei einsetzte, oder Carrie Nation, die sich für die Abstinenzbewegung stark machte und dazu auch eine Axt einsetzte.
Die deutsche Übersetzung des Originaltitels „Though Waters Roar“ finde ich leider nicht gelungen – der englische Titel passt sehr viel besser zum Inhalt. Ich empfand das Buch unwahrscheinlich dicht erzählt – es schien mir, dass all die Ereignisse doch gar nicht auf „nur“ 455 Seiten Platz hätten. Es war sehr berührend, diese Frauen auf einem Teil ihres Weges zu begleiten. Meine Leseempfehlung: 5 Sterne.