Das Buch von Balzano greift ein aktuelles Thema auf, dass sich in Zukunft mit der Überalterung einiger europäischer Staaten noch akzentuieren könnte. Pflegende arbeiten als Care-Migrantinnen in Haushalten oft unter prekären Arbeitsbedingungen aufgrund der Vermischung von Arbeits- und Wohnort. Weniger beleuchtet wird die Tatsache, dass Care-Migrantinnen Kinder und betreuungsbedürftige Eltern in ihren Herkunftsländern zurücklassen.
Der Autor reagiert mit dieser Erzählung auf diese Tatsache und beschreibt die Auswirkungen auf das Familiensystem von Daniela, die aus einem kleinen, rumänischen Dorf stammt und zum Arbeiten nach Italien zieht. Das Buch startet aus der Perspektive ihres Sohnes Manuel, der in die Phase zwischen Kindheit und Pubertät durchläuft. Im zweiten Teil erfährt man ihre Sicht, ergänzt im letzten Teil mit der Position ihrer Tochter Angelica. Die Sicht des Familienvaters Filip fehlt. Er hat sich bald nach der ersten Fahrt von Daniela nach Italien aus dem Familiensystem ausgeklickt.
Aus allen drei Perspektiven dringt zwischendurch emotionale Leere und Schmerz durch. Sie leben in ihrer Welt, igeln sich ein und fällen ihre eigenen Entscheidungen, die Fassade wird von den Eltern auch mit Notlügen gewahrt. Die zusätzlichen materiellen Güter für Manuel und Angelica sind kein Ausgleich für die emotionalen Verluste. Daniela fühlt sich schuldig, unklar bleibt dennoch nach schwierigen Tagen und Nächten an Manuels Krankenbett, ob sich eine andere Möglichkeit ergibt, um finanziell über die Runden zu kommen.
Balzanos Ton wirkt melancholisch, manchmal gar etwas distanziert. Seine Formulierungen sind schlicht, an manchen Stellen geschmückt mit stimmigen Methapern. Aufgrund der Unterteilung in drei Teile mit unterschiedlichen Perspektiven, verbleibt auch die Leserin, der Leser mit einigen Leerstellen, Gedanken und Fragen zu Details. Ein Grund, dass die Geschichte haften bleibt und zum Weiterdenken anregt.