Sam und Lucy begleiten wir auf ihrer Lebensreise in Zeiten des grossen Goldrausches. Ihr Vater, Ba, der Glücksritter und Goldgräber, ihre Mutter, die tapfere Kämpferin für Haus und Hausstand, beide sind sie tot. Zuerst starb die Mutter, nun transportieren Sam und Lucy die Leiche ihres Vaters auf dem geklauten Pferd ihres Lehrers durch die Hügellandschaft des Westens. Noch sind sie sich uneinig, wie er bestattet werden soll, denn die Schwestern sind sehr verschieden. Wo die Mutter begraben ist, hält der Vater gegenüber Lucy geheim. Seine letzten Monate waren geprägt von dem nicht verarbeiteten Verlust seiner grossen Liebe, dem Suff und schließlich unkontrollierten Gewaltausbrüchen seiner Tochter Lucy gegenüber. Nein, das Leben meinte es nicht gut mit dieser Familie. Auch als sich die beiden Kinder trennen, die als burschikoser Junge auftretende Sam und die blitzgescheite Lucy, können sie ihrer Bestimmung nicht entrinnen. Während es Lucy das gepflegte Stadtleben angetan hat, zieht es Sam in die Wildnis, ein Cowboyleben ohne Konventionen statt falscher Sein in der Stadt. Als sie sich wieder begegnen, Sam als Verfolgter und Lucy als Freundin eines verwöhnten reichen Girls, machen sie sich auf , um den grossen Traum ihrer Mutter zu verwirklichen, die Reise in ihre Heimat China für einen Neustart. Der rote Faden durch den Roman sind die Gegensätze der Eltern. Der freiheitsliebende Goldgräber, eine Spielernatur und Glücksritter, der in den Bergen mit Indianern aufgewachsen ist, die aus China eingewanderte Mutter, ehrgeizig kultiviert und entschlossen, sich durchzusetzen. Ihre Träume platzen, ihre Sehnsüchte übertragen sich auf Lucy und Sam. Sam spielt den Part des zupackenden hitzköpfigen Eroberers, Lucy kämpft ihre Schlachten mit kaltem Verstand unter Anwendung der Waffen einer Frau. Und bis zum Schluss verfolgt sie das Pech. Der Roman ist unwahrscheinlich raffiniert erzählt, spannend und immer wieder überrascht er die Lesenden mit unerwarteten Wendungen. Die Autorin setzt den chinesischen Einwanderen im Wilden Westen ein Denkmal, eine Einwanderer-Saga der Extra-Klasse, die mich mit ihrer kraftvollen Sprache, einer gewitzten und dennoch klugen erzählerischen Raffinesse und diesen atypischen Heldinnen begeistert hat.