Tausendfach kennen wir Geschichten vom hässlichen, grauen Entlein. Dieses hier entwickelt sich allerdings nicht zum weissen Schwan, zu düster sind die Zeiten in den USA in den 1930ern. Zwar erfüllt sich durch die ungewollte Schwangerschaft einer unverheirateten, nicht mehr ganz jungen Frau, in Zeiten wo dies gesellschaftlich noch stark geächtet war, doch noch Elsas Wunsch nach Familie, allerdings nicht im gewohnten Umfeld alteingesessener Städter, sondern auf dem Land bei Bauern mit Migrationshintergrund. Durch Misswirtschaft veröden in kurzer Zeit ganze Landstriche im Süden der USA und die hart arbeitende ländliche Bevölkerung verarmt zusehends. Viele sehen sich zur Flucht in den Westen gezwungen; das gelobte Land Kalifornien nimmt diese Menschen, obwohl Bürger des gleichen Landes, aber nicht mit Wohlwollen, sondern mit dem Misstrauen auf, das auch heute noch (Klima)-Flüchtlingen entgegenschlägt. Der historische Hintergrund ist somit spannend und von höchster Aktualität, die Umsetzung in einem Liebesroman ohne wirkliches Happy End (soviel sei vorweggenommen) allerdings etwas misslungen. Zu konstruiert ist die Geschichte, zu einseitig gezeichnet die Charaktere, so dass es schwierig ist, Sympathie für sie aufzubauen. Kristin Hannah beherrscht es zwar, mitreissend zu schreiben, an “Die Nachtigall” reicht dieses Buch allerdings nicht ganz heran. Die Lektüre lohnt sich trotzdem, einfach um einen hautnahen Eindruck davon zu bekommen, was der Kapitalismus im Land der unbegrenzten Möglichkeiten angerichtet hat - und wie wenig wir in den letzten hundert Jahren dazugelernt haben.