Schreiben ist eine stille Angelegenheit. Manch grosser Autor hat uns belehrt, dass man sich als Literat im Zuhören üben muss, um die Sprache literarisch zu voller Entfaltung zu bringen. Das ist eine Kunst, die verhindert, dass das Geschriebene zum Gerede wird. Will man einfach informiert werden, empfiehlt sich die Lektüre eines Zeitungsartikels oder eines Berichts.
Gabriele von Arnim ist eine begabte Rednerin. Man kennt sie aus früheren Ausgaben der Fernsehsendung “Literaturclub”, in der sie als eloquente Rezensentin auftrat. Als erfahrene Journalistin ist sie schlagfertig und wortgewandt. Doch um ein literarisches Werk zu schreiben, reicht das nicht aus.
Die vorliegende Erzählung beschreibt (und das ist eben das Problem!) eine Ehe, in der der Mann zum Pflegefall wird. Es geht um den körperlichen und geistigen Zerfall sowie um die Belastungen, denen die Beziehung aufgrund des zweifachen Schlaganfalls des Ehemannes ausgesetzt ist. Die Eheleute bleiben faktisch zusammen, doch findet ihre Trennung auf einer anderen Ebene statt. Sie leben in unterschiedlichen Welten.
In diesen 240 Seiten wird viel mitgeteilt, aber selten etwas erzählerisch vergegenwärtigt. Ich habe das Buch als Fallbericht gelesen, der sich als literarischer Text gebärdet und der aus den wiederkehrenden Themen der Corona-Krise (Situation in der Pflege; Machtgefälle zwischen Pfleger und Patient usw.) Kapital zu schlagen versucht. Am Ende ist der Text weder Fisch noch Vogel. Das Buch hat mich leider gar nicht berührt.