Nas’ Welt bricht zusammen als sie erfährt, dass ihre Schwester tot ist. Die Polizei sagt, es sei ein Autounfall, aber Nas ist überzeugt, dass es Suizid war. Sie fühlt sich verraten von ihrer Schwester – trotzdem nimmt sie ihre trauernde Nichte bei sich auf und entdeckt, dass ihre Schwester Nushin viele Geheimnisse vor ihr hatte …
Meine Meinung
Als ich zuerst den Prolog gelesen habe, war ich sofort in der Geschichte drin. Ich habe mich gefragt, was wohl alles auf mich zukommt. Vor allem aber waren es die Verwirrung und Hektik, die mein Interesse erweckten, denn ich fühlte sie durch die Zeilen hindurch.
Mir gefiel, wie Hengameh Yaghoobifarah die Gefühle der Protagonistin Nasrin so real rübergebracht hat. Ich konnte sehr gut mit ihr mitfühlen, weshalb die Charaktere auf mich im ersten Moment einen sehr authentischen Eindruck machten. Ich hatte das Gefühl, sie schon nach wenigen Seiten zu kennen – und da kommt dann auch schon meine Kritik, dass die Charaktere trotz der realen und greifbaren Probleme etwas vorhersehbar waren. Sie wirken auf mich nicht so komplex, wie ich es mir bei solch einem Buch eigentlich wünsche, sondern mehr so ausgelegt, als würden sie in der Geschichte eine gewisse Aufgabe haben, die sie erfüllen müssten.
Den Schreibstil von Hengameh Yaghoobifarah mochte ich trotzdem sehr gerne. Er war sehr flüssig zu lesen und die Sätze waren klar verständlich. Vor allem fand ich es beeindruckend, wie sie alltägliche Dinge mit Metaphern ausgeschmückt hat, die wiederum auch so alltäglich wirkten, dass man sie fast überlas.
Der Roman beinhaltet so viele wichtige Themen: Die Suche nach der Identität, die Suche nach der Heimat, Verluste, familiäre Probleme und politische Debatten. Deshalb finde ich es so schade, dass im Buch nie so richtig Spannung aufkam. Ich denke, das liegt zum Teil an den Rückblicken. Sie waren spannend, lehrreich und teils auch erschreckend, keine Frage, aber sie störten meinen Lesefluss. Natürlich verstehe ich auch, dass Hengameh Yaghoobifarah den Wert auf die oben genannten Themen gelegt hat, aber wenn mich am Verlauf der Handlung nichts wirklich packen kann, dann kann ich mich auch nicht mit Begeisterung den damit zusammenhängenden Themen widmen.
Vor allem nach der ersten Hälfte ging die Geschichte nur langsam voran. Dafür kam im letzten Drittel dann auch endlich ein wenig Spannung auf, was damit zusammenhing, dass nach und nach gewisse Geheimnisse ans Licht kamen, die man so nicht unbedingt erwartet.
Das Finale wurde also Stück für Stück aufgebaut; es wurde fesselnder und man erwartete ein dazu passendes Ende, das einem leider vorenthalten wurde. Das Ende kann man nicht wirklich als Abschluss bezeichnen, da es mehr Fragen aufwirft als dass diese beantwortet werden. Dementsprechend hat es mich leider enttäuscht.
Fazit
Es gab Stellen im Buch, die mich schockieren und zum Nachdenken anregen konnten. Aber leider bleibt die wichtige Thematik aufgrund der fehlenden Spannung in der Handlung etwas auf der Strecke. Für mich ist die Handlung im Vergleich zu den behandelnden Themen zu schwach. Das Buch konnte leider nicht so sehr zu mir durchdringen, wie es eigentlich sollte.