Als Jonathan Fischer in einem streng christlichen Elternhaus aufgewachsen, versucht er, sich vom alten Leben zu lösen und fortan als Jonny Fischer neue Wege zu gehen. Doch die alten Prägungen sind nach wie vor vorhanden. Er sucht nach Liebe, auch nach Selbstliebe. Schwierig wird es, als er sich eingestehen muss, dass er nicht auf Frauen steht, sondern sich zu Männern hingezogen fühlt. In seiner Familie hat es so etwas nicht zu geben… Er strebt überall Perfektion an und treibt sich stets zu Höchstleistungen an – auch als Comedian bei „Divertimento“. Jonny erzählt seine Geschichte: mutig, offen, ehrlich.
Erster Eindruck: Ein etwas nachdenklich wirkender Jonny Fischer auf dem Cover, im Mittelteil des Buches hat es viele Fotos – sehr schön. Bei Erfahrungsberichten ist es für mich immer ein grosses Plus, wenn es Fotos hat, die das Ganze noch persönlicher machen.
Nur weil jemand als Comedian arbeitet, ist er nicht pausenlos lustig. Und das heisst auch nicht, dass bei ihm immer alles Friede, Freude, Eierkuchen ist. Nein. Von Clowns sagte man früher häufig, dass sich hinter ihrer Maske sehr ernsthafte – manchmal sogar schwermütige – Menschen befinden. Bei der Lektüre hatte ich durchaus das Gefühl, Parallelen zu sehen.
Jonnys Kindheit war alles andere als einfach und unbeschwert. Es macht mich traurig, wenn Kinder mit Nichtbeachtung bestraft werden. Ob der Vater das auch so gesehen hätte (also, dass er insbesondere Jonny durch Nichtbeachtung bestrafte), wissen wir natürlich nicht. Jonny fühlt sich immer anders als die anderen Kinder. Dabei denke ich, dass doch insbesondere Kinder meistens so sein möchten wie die anderen.
Es ist nicht einfach, hier ein paar Dinge festzuhalten, aber nicht zu viel zu verraten. Es war mir vor der Lektüre bewusst, dass es persönlich werden würde. Aber ich habe irgendwie nicht damit gerechnet, dass mich dies so sehr berühren würde. Als Jonny schilderte, dass er in der Kapelle auf dem Steinboden kniete und Gott anflehte, dass „es“ aufhört – dass er sich von Männern angezogen fühlte –, hat mich das fast zum Weinen gebracht!
Während der Lehrerausbildung hat er Manuel Burkart kennengelernt – mir war nicht bewusst, dass auch Manu diesen Beruf ergriffen hatte. Aus den beiden wurde sodann „Divertimento“. Jonny erzählt von den Hochs und Tiefs ihres Zweiergespanns.
Der Mix aus Erzählungen und Fragen/Antworten ist für mich sehr gelungen. Es hat die Lektüre abwechslungsreich und lebendig gemacht. Hilfreich waren auch die Jahreszahlen, um die Situationen einem Lebensabschnitt zuzuordnen. Ich habe mich während des Lesens mehrfach gefragt, wie lange er sich wohl überlegt hat, ob er dieses Buch, das sehr persönlich ist und viel Mut und Offenheit verlangt, wirklich machen will. Es gibt nachher kein Zurück. Irgendwo im Buch stand, dass es kein „Schönwetterroman“ sei – das war es definitiv nicht! Ich hoffe, dass es Jonny gut geht, danke ihm für seine Offenheit und wünsche ihm nur das Allerbeste.