Ria ist zornig. Ihr Vater wurde in den Fünziger-Jahren als einer der Mitgründer der DDR in einer Säuberungsaktion verhaftet und starb später in den Katakomben von Hohenhausen. Ihre Familie wurde auseinander gerissen, sie und ihre Schwestern mussten bei regimetreuen Eltern aufwachsen. Als sie bei Alexander Schalck im Aussenhandelsministerium anheuert, hat sie Rache im Sinn. Um die Adresse ihrer Schwester zu erfahren, beginnt sie für den BND zu spionieren. Bald schon stellt sich heraus, dass Grosses im Gang ist. Denn immer mehr Leute flüchten aus dem Osten und die Wirtschaft dümpelt vor sich hin. Drüben im Westen findet das Wirtschaftswunder statt, welches das Propagandagebäude der Genossen gefährdet.
In den Tagen vor dem Mauerbau im August 1961 sieht sich Ria als Agentin der rivalisierenden Geheimdierne BND und KGB, als Geliebte eines Westdeutschen, verfolgt von der Stasi, in Sorge um Schwester und Tochter in der DDR in einer ausweglosen Situation. Der Roman verbindet geschickt Realität mit Fiktion und zeigt auf, wie die Hardliner der SED in ihrem trotzigen Beharren auf ihren totalitären Sozialismus durch das Ziehen der Mauer Familien, Liebende und ganze Quartiere in Berlin entzweien. Natürlich sind die Protagonisten holzschnittartig und berechenbar gestrickt, aber es ist dem Autor zu Gute zu halten, dass der Plot faktenbasiert und glaubwürdig gestaltet ist. Der junge Honecker wird als berechnender und pingeliger Aufsteiger geschildert, der mächtige Alexander Schalck wird als jovialer grosspuriger Mauschler beschrieben und John F. Kennedy bleibt als leidender Präsident im Amt, das ihm manchmal zu gross erscheint, in Erinnerung. Wir als Lesende erhalten eine Geschichtsstunde der unterhaltenden Art, einen spannenden kurzweiligen Agenten-Schmöker und werden an die Willkür und die Dramen erinnert, die durch den Mauerbau vor 60 Jahren verursacht wurden.