Dieser Roman wurde 1955 veröffentlicht und ist nun dank der großartigen Reihe Her Story beim Haymon Verlag wiederentdeckt worden. Und zum Glück – danke vielmals.
Denn was hier erzählt wird, ist mehr als nur eine „NS-Zeit-Geschichte“. Es ist ein figurenzentriertes Kammerspiel, in dem wenige Menschen – Gerda, ihre Tochter Luzie, die Jüdin Mira, der Arzt Kurt – stellvertretend für ganze Haltungen stehen: Anpassung, Überzeugung, Zweifel, Widerstand, Liebe.
Gerda ist eine der stillen Heldinnen, die nicht kämpfen wollen, aber kämpfen müssen. Für andere. Für die Würde. Für das Menschsein. Sie ist empathisch, umsichtig, beinahe aufopfernd – manchmal so sehr, dass man sie am liebsten schütteln würde. „Komm schon, lass endlich die Liebe zu!“ wollte ich ihr mehrfach zurufen. Und doch ist gerade diese Zurückhaltung der Grund, weshalb einen diese Geschichte so trifft.
Denn es ist auch ein Liebesroman – aber kein moderner, kein körperbetonter. Sondern ein leiser, tief empfundener. Und dabei zeigt der Roman auf sehr eindrückliche Weise, dass Liebe nicht gleich Leidenschaft ist – und umgekehrt.
Es gibt eine leidenschaftliche Beziehung und es gibt eine ganz starke, stille, echte Liebe. Der Roman bewertet das nicht, aber er macht deutlich, wie unterschiedlich sich Beziehungen anfühlen können – in der Tiefe, im Alltag, im Schweigen, im Vertrauen.
Er zeigt, was Liebe sein kann – nicht durch große Worte, sondern durch Haltung, durch Nähe, durch Menschlichkeit.
Sprachlich ist der Roman erstaunlich lebendig, ohne je pathetisch zu werden. Viele Szenen sind so herzzerreißend geschrieben, dass man fast weinen möchte – weil sie nicht groß aufspielen, sondern aus der Menschlichkeit heraus leuchten.
Ein kleiner Kritikpunkt: Die Figuren sind sehr klar in Gut und Böse eingeteilt, Grautöne fehlen. Aber das schmälert die literarische Kraft dieses Buches kaum.
Ich habe es sehr gerne gelesen – und freue mich jetzt schon auf die weiteren „Her Story“-Wiederentdeckungen. Wenn sie alle so sind wie diese: her damit.
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