Onkel Tom wird verkauft – sein Besitzer steckt in finanziellen Schwierigkeiten. Auch Eliza, eine junge schwarze Frau, soll verkauft werden, doch sie flieht mit ihrem Sohn. Während Tom in den Süden gebracht wird und dort auf verschiedene Schicksale trifft, kämpft Eliza sich mit ihrer Familie Richtung Kanada – begleitet von der Hoffnung auf Freiheit. Die Erzählung folgt zwei Wegen: einem von Gehorsam, einem von Flucht.
Dies ist also jenes Buch, über das Abraham Lincoln – angeblich, ein schriftlicher Beleg fehlt – zur Autorin gesagt haben soll:
„Also sind Sie die kleine Frau, die das Buch geschrieben hat, das diesen großen Krieg ausgelöst hat.“
Es ist schwer, darüber zu schreiben. Es wurde 1852 verfasst, von einer weißen Frau im „sklavenfreien“ Norden, die vermutlich nie selbst mit einem versklavten Menschen gesprochen hat. Ich hatte immer gedacht, es sei ein Jugend- oder Kinderbuch – vielleicht, weil es einfach so in der Luft lag, ohne dass je jemand sagte, worum es wirklich geht. Für mich ist es ganz klar ein Buch für Erwachsene.
Und ja, die Kritik daran ist berechtigt – vor allem von James Baldwin. Das Buch will ganz offensichtlich das Mitleid weißer Leser*innen wecken. Viele der weißen Figuren zeigen Mitgefühl, aber sie handeln nicht. Stattdessen trösten sie mit Religion, und das wiederholt sich so oft, dass es ermüdet. Das Christentum wird als Trostpflaster angeboten – nicht als Widerstand. Das wirkt heute naiv, wenn nicht sogar gefährlich.
Und trotzdem hat es mich berührt. Die Selbstverständlichkeit, mit der Menschen als Besitz betrachtet wurden, die religiöse Legitimation von Unterdrückung, die Normalität der Unmenschlichkeit – das alles zu lesen, war erschütternd. Es war eine patriarchale Welt, in der Männer regierten und Religion als Machtinstrument diente.
Harriet Beecher Stowe war keine Toni Morrison, kein James Baldwin. Aber vielleicht – und auch nur vielleicht – hat es dieses Buch gebraucht, damit spätere Stimmen überhaupt gehört werden konnten. Vielleicht war dieses Buch nicht die Lösung, sondern der erste Riss in der Fassade. Und manchmal reicht ein Riss, damit Licht eindringen kann.
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