Strega ist kein Roman über eine bestimmte Frau, sondern über ein System, in dem Frauen leben. Über das unsichtbare, allgegenwärtige Gefühl, beobachtet, bedroht oder benutzt zu werden. Der „Mörder“, von dem die Mädchen sprechen, ist kein Einzelner — er ist das, was die Gesellschaft aus Männern gemacht hat, und was Männer aus der Gesellschaft gemacht haben. Ein Prinzip, nicht eine Person.
Holm zeigt diese Gewalt nicht, sie erklärt sie auch nicht. Sie lässt sie in der Luft liegen, in den Blicken, in den Gesten, im Schweigen. So entsteht ein unheimlicher, traumartiger Raum, in dem die Frauen immer wachsam sind, ohne genau zu wissen, wovor. Strega erzählt davon, wie es ist, in einer Welt zu leben, in der Gefahr nicht sichtbar, sondern verinnerlicht ist.
Zwischen all den dunklen Bildern, dem Schweigen, der Bedrohung, steht auch eine der schönsten Liebeserklärungen der Gegenwartsliteratur – zart, erschütternd und von seltener Wahrhaftigkeit.
Die Sprache wirkt wie ein Delirium, wie ein endloser, warmer Traum, der sich nie auflöst. Man liest mit Bewunderung – und mit Müdigkeit. Die Sätze sind schön, aber sie wiederholen sich, sie ziehen Kreise, sie verlangen Konzentration. Manchmal möchte man aus diesem Nebel herauskommen, nach Luft schnappen, etwas Greifbares finden. Doch Holm will genau das nicht: Sie will keine Handlung, keine Erklärung, kein Ende.
Ich bewundere die Konsequenz, mit der sie das tut. Aber gleichzeitig bleibt eine Schwere, eine Erschöpfung, ein Zuviel. Es ist ein eindringlicher Versuch, weibliche Erfahrung in Sprache zu verwandeln, die so dicht ist, dass sie fast erstickt.
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