Das Cover nimmt dich mit: dunkel, geheimnisvoll, mit einer Aura von Gefahr und Sehnsucht. Für mich als jemand, der Raben, Mondnächte und alles Mystische liebt, war allein dieses Cover Grund genug, neugierig zu sein. Und der (wenig subtilen) Hinweis darauf, dass der Love‑Interest in diesem Buch nichts Geringeres als der Tod selbst ist… ja, das spricht mich an.
Lilith hat überlebt. Ein schwerer Unfall, sie kommt körperlich unversehrt davon, doch innerlich ist sie zerbrochen, geplagt von Schmerz, Schuldgefühlen und dem unheimlichen Gefühl: Du bist nicht sicher, nicht mehr du selbst. Als ihr Leben in Trümmern liegt, beginnt sie nachts Botschaften zu empfangen: liebevoll, verstörend, verbotene Liebesbriefe von einer Präsenz, die weder geleugnet noch gegriffen werden kann. Ein namenloser Begleiter zwischen Traum und Wirklichkeit, der in Liebe und Verlangen flüstert, Wunden berührt und Erinnerungen wachruft. Während alle anderen ihre Wahrnehmung abtun als Trauer, Einbildung oder Wahn, beginnt Lilith zu jagen: nach der Wahrheit, nach Erlösung, nach etwas, das vielleicht weder Leben noch Tod ist. Eine gefährliche Liaison mit dem Unbegreiflichen. Das Versprechen, dass Schmerz, Liebe und Obsession eins werden.
Das Buch fängt dich ein mit genau der Art von düsterer, fast gotischer Stimmung, die ich liebe. Die Mischung aus Trauma, Verlust, grausamer Sehnsucht und der Idee von Tod als dunklem Liebhaber trifft einen Nerv, wenn man wie ich für dunkle Fantasy und Gothic‑Vibes anfällig ist. Die Protagonistin Lilith ist verletzlich, gebrochen und gleichzeitig irgendwie zerbrechlich schön in ihrer Verzweiflung. Die Präsenz des Todes, beschrieben als „Faceless Man“ bzw. „Letum“, schafft eine beklemmende, surreale Atmosphäre: Dieses Zwischenreich aus Träumen, Halluzination und wirklicher Gefahr, das erzeugt Spannung.
Doch gerade diese Atmosphäre hat für mich auch Grenzen. Der Plot bleibt auf relativ engem Raum: Viel steht und fällt mit der inneren Welt von Lilith. Was einerseits intensiv, andererseits stellenweise karg wirkt. Charaktertiefe für Nebenfiguren? Kaum vorhanden. Motive und Vergangenheit zu oft nur angedeutet. Das Problem: Gerade, weil das Buch so kurz ist (~200 Seiten), wirkt vieles schnell, oberflächlich. Manchmal wie ein Prototyp von Dark Romance mit Elementen von Horror und Trauma, aber ohne genügend Raum für Entwicklung. Einige Wendungen fühlten sich abrupt an; manche Szenen hatten Stil, aber wenig Substanz. Und ja: Für den Preis fühlt es sich fast zu dünn an, als hätte man ein starkes Konzept nur angelesen, statt ausgereizt.
Trotzdem: Es funktioniert. Es funktioniert, wenn man sich darauf einlässt. Wenn man nicht erwartet, dass alles „rund“ ist. Wenn man sich vom Unheimlichen, vom Raunen zwischen Leben und Tod mitreißen lässt. Dann ist „Death’s Obsession“ ein starker, roher, düsterer Biss. Manchmal liebevoll, manchmal brutal, immer mit weichem Herz unter harter Schale.
„Death’s Obsession“ trifft genau, was man in einer dunkel‑realistischen Gothic‑Dark‑Romance suchen kann: Schmerz, Obsession, existenzielle Einsamkeit und die unheimliche Nähe des Todes. Aber der schmale Umfang, die begrenzte Tiefe und der – für das gebotene Gefühl – hohe Preis, lassen das Ganze zwiegespalten zurück. Ich vergebe 3,5 von 5 Sternen. Für Leser:innen, die düstere Stimmung, Trauma‑Romantik und einen Hauch Sog ins Übernatürliche suchen, durchaus ein lohnender, intensiver Trip. Aber wer komplexe Charaktere oder ausgefeilten Plot erwartet, könnte enttäuscht werden.