In der Tiefe des Tigris schläft ein Lied hat mich stärker berührt, als ich erwartet hatte. Der Roman wirkt nicht dramatisiert oder künstlich aufgebläht – im Gegenteil: Er erzählt eine Geschichte, die leise beginnt, aber sich immer tiefer unter die Haut schiebt.
Was mich sofort gepackt hat, ist die Ausgangslage: Gadi, der in Zürich ein ruhiges, fast distanziertes Leben führt, wird durch den Tod seines Vaters mit einer Vergangenheit konfrontiert, die er eigentlich nie kennenlernen wollte. Die Tagebücher sind wie ein Schlag in die Magengrube – ehrlich, schmerzhaft und gleichzeitig voller Menschlichkeit. Man merkt beim Lesen, wie sich die Distanz zwischen Vater und Sohn langsam verwandelt, nicht in etwas Schönfärberisches, sondern in ein echtes, reifes Verstehen.
Besonders beeindruckend ist die historische Ebene. Der Roman bringt ein Kapitel irakisch-jüdischer Geschichte zurück ins Bewusstsein, das in Europa oft vergessen geht. Die Verbindung zur europäischen Vergangenheit – und vor allem zur Rolle der Nationalsozialisten – macht das Ganze noch schwerer, aber auch wichtiger. Es ist kein Geschichtsunterricht, sondern eine Erzählung, die Geschichte über persönliche Schicksale spürbar macht.
Die Reise nach Bagdad ist für mich der emotionale Höhepunkt. Sie ist nicht romantisiert, sondern mutig, ehrlich, voller innerer Konflikte. Genau das macht sie so glaubwürdig. Man begleitet Gadi auf einem Weg, der eigentlich gar nicht mehr um seinen Vater geht, sondern um Identität, Herkunft und die Frage, was man aus dem weiterträgt, was vor einem war.
Für mich ein eindrückliches Buch, das noch lange nachwirkt. Wer literarische Geschichten sucht, die sowohl persönlich als auch historisch Gewicht haben, findet hier genau das Richtige. 😀