Autobiografien zu bewerten ist immer eine heikle Sache, schliesslich beurteilt man nicht nur ein Buch, sondern ein gelebtes Leben. Und genau so fühlt sich Before I Met Supergirl von Rea (Raymond) Garvey an: wie ein sehr persönlicher Einblick, den man als Leser respektvoll entgegennimmt, ohne Erwartungen an „mehr Spannung“ oder „mehr Drama“ zu stellen. Rae erzählt, was er erzählen möchte und genau das macht den Charme dieses Buches aus.
Der Musiker nimmt uns mit an den Anfang seines Lebens, zurück in seine Kindheit in einer grossen irischen Familie, in der er sich selbst gerne als Clown beschreibt. Die vielen Schwestern, die lebendige Atmosphäre und das Aufwachsen als Sohn eines Polizisten prägen die frühen Kapitel und vermitteln ein authentisches Gefühl für die irische Kultur, Familiendynamik und die kleinen Konflikte, die das Aufwachsen begleiten. Für alle, die sich für Irland interessieren, ist das Buch auch aus dieser Perspektive ein lohnender Blick.
Später begleitet man Garvey in seine Jugend- und Studienjahre, bevor man schliesslich seinen Weg in die Musikszene verfolgt: zuerst als Mitglied einer Band, dann als Solokünstler, der schliesslich zu der Persönlichkeit wird, die viele heute kennen. Seine Erzählweise bleibt dabei stets humorvoll, leicht und gut lesbar. Der Stil ist flüssig, zugänglich und bietet viele Momente zum Schmunzeln. Die Deutschland liebe wird definitiv hervorgehoben, vielleicht weniger die Liebe zu FKK Stränden.
Was überraschen mag: Der Titel lässt vermuten, dass auch die Begegnung mit seiner späteren Frau der „Supergirl“ eine zentrale Rolle spielt. Jeder kennt den Welthit und war auch mein absolutes Lieblingslied. Doch genau darauf verzichtet Garvey weitgehend. Auch über frühere Beziehungen erfährt man kaum etwas. Einerseits hätte das Buch dadurch vielleicht ein vollständigeres Bild seiner Biografie ergeben, andererseits liegt genau darin die Freiheit des Autors: In einer Autobiografie entscheidet der Erzähler, welche Kapitel seines Lebens er mit der Öffentlichkeit teilen möchte und welche nicht.
Before I Met Supergirl ist daher weniger ein lückenloser Lebensbericht als vielmehr ein gut erzählter Rückblick auf jene prägenden Momente, die Garvey selbst hervorheben möchte. Ein Buch, das man zwischendurch immer wieder zur Hand nehmen kann, ohne den Faden zu verlieren leicht zu lesen und unterhaltsam. Besonders schön ergänzt wird das Ganze durch die Playlist, die perfekt zur Stimmung des Buches passt und die Lektüre musikalisch begleitet.