(Inhalt vgl. Cover)
Das Buch wurde 1970 von einem Lehrer geschrieben, 2015 übersetzt und neu aufgelegt. Als der Autor die Geschichte geschrieben hat, war er knapp 50 Jahre alt und hat seine Geschichte vermutlich mit Unterstützung von Zeitzeugen resp. deren Erzählungen schreiben können. Für mich ist das Buch eine Dokumentation für die Familien der Gegenwart im Maggiatal, d.h. der Nachkommen von jenen Familien, deren Mitglieder ausgewandert sind. Ich habe das Buch denn auch in diesem Sinne gelesen. Ich habe mir aufgrund des einfachen, bildhaften, lebendigen aber wenig emotionalen/moralisierenden Schreibstils die Situation gut vorstellen können.
So gross und stark zu sein und nie einen Centesimo in der Tasche zu haben, zu dem man sagen könnte: Du gehörst mir, mit dir tu ich, was ich will.
Dem Grossvater Benvenuti zu ähneln, wo die meisten im Dorf es nicht einmal zuwege brachten, sich gerade zu halten…
Die Geschichte hat mich einerseits berührt und andererseits bedrückt. Zum Beispiel wie die Familien den Tod ihrer Kinder hingenommen haben. Dies vermutlich aus zwei Gründen: erstens, weil Gott es so wollte (sie waren gottesfürchtig, sehr gläubig, der Pfarrer eine Ehrenperson im Dorf) und zweitens vermutlich, weil es nächstes Jahr sowieso wieder ein Kind gab.
Ja, wir preisen dich, Gott, für das gute Jahr, weil es eine Gnade ist, oder für das schlechte Jahr, weil es eine Gnade ist, dass es nicht noch schlimmer kam.
Er glich unserem Vater, der sich mit jedem Unglück abgefunden hätte, so gross war sein Vertrauen in Gott und Gottes Gerechtigkeit, …
Die Charaktere fand ich gut beschrieben. Mit ihrem Gewissen, ihrer Scham, ihrer Frömmigkeit. Allerdings war ich überrascht, wie sanft das Buch geschrieben war. Wenig Kitsch (höchstens bei der Beziehung zwischen Gori und Maddalena oder zwischen Gori als dem Zweitältesten von 10-12 Kindern), auch keine lauten Stimmen oder Gewalt. Ich denke bei der grossen Arbeit, die es zum Überleben brauchte, dürfte schon einmal der oder die andere aus der Haut gefahren sein.
Dass der Hauptprotagonist in den USA Heimweh gehabt, sich dadurch jedoch auch ein verklärtes Bild seiner Heimat gemalt hat, kann ich nachvollziehen. Geschmunzelt habe ich, wie der Autor aus Sicht von Gori die US-Amerikaner beschrieben hat.
Bis zur ersten Hälfte fand ich es interessant, über die Lebenssituation im Maggiatal zu lesen (Arbeit, Traditionen, Familie, Frömmigkeit). In der zweiten Hälfte war ich im Lesefluss oft gestört, weil die Situationen/Örtlichkeiten vermischt waren. Ich hätte gerne noch etwas mehr über die Rückkehr von Gori ins Maggiatal erfahren.