Die (morally grey!) Protagonistin ist heimatlos. Einerseits weil sie als Palästinenserin kein Land mehr ihr eigen nennt, andererseits, weil sie als Ausländerin in New York lebt. Vor diesem Hintergrund verstehe ich ihre zwanghafte Reinlichkeit als einen Versuch der Anpassung (sie schrubbt sich ihre Hautfarbe ab?). Ein Versuch der scheitert. Erst beginnt sie, sich an der Sonne wieder zu bräunen, später gibt sie die Reinlichkeit ganz auf, holt sich Erde in ihre Wohnung, kehrt zurück in eine Urzustand und erschafft sich so ihr eigenes „Mutterland“. Als Kind hat sie eine Münze verschluckt. Die Münze, der Fremdkörper in ihr, der sie zerstört und gleichzeitig zusammenhält, ist nicht zufällig eine israelische Währung - behaupte ich. Vielleicht ein Sinnbild für den Konflikt zwischen Palästina und Israel oder für das Fremde und Eigene. Verinnerlichte Unterdrückung. Aber auch ein Symbol für ihren - beschädigten - Selbstwert. Und ein Mahnmal für die Traumata ihrer Kindheit.
Womit ich gar nicht klar gekommen bin: Ihre Ansichten und Praktiken als Lehrerin.
Fazit: Das Buch liest sich schnell und rauschhaft. Der Scheibstil ist prägnant aber ausgefeilt. Die Protagonistin lässt sich weder hassen noch lieben, sie schockiert und provoziert. Die Geschichte ist absurd und etwas weltfremd und erinnert stark an Hang Kang. Viele bekommen jetzt wahrscheinlich strahlende Augen - ich selbst bin jedoch kein Kang-Anhänger und habe folglich auch Schmutz nicht unbedingt genossen. Mir bleiben da einfach zu viele Fragen offen. Also: Bestimmt kein schlechtes Buch, nur nicht mein Stil.