“Katabasis” entführt die Leserschaft auf eine Reise in die Tiefen der Unterwelt – und verlangt dabei einiges ab. Das Buch startet mit einem mitreissenden Tempo, das sofort Neugier weckt und Spannung aufbaut. Doch der fulminante Beginn weicht bald einem ausgedehnten Mittelteil, der sich stellenweise zieht und das Lesevergnügen merklich bremst. Erst gegen Ende gelingt dem Autor die versöhnliche Wende, die die Geduld der Leserinnen und Leser belohnt und ein beinahe atemloses, versöhnliches Finale präsentiert.
Besonders anspruchsvoll gestaltet sich die Lektüre durch das hohe Vorwissen, das im Bereich der Höllenmythologie erwartet wird. Viele Anspielungen und Zusammenhänge erschliessen sich nur jenen, die bereits mit dem Stoff vertraut sind – für alle anderen bleiben Wissenslücken, die sich auch durch Nachschlagen nicht vollständig schliessen lassen. Das erschwert den Zugang und lässt manche Passagen unverständlich wirken.
Sprachlich ist “Katabasis” auf hohem Niveau, ohne jedoch unlesbar zu werden. Die Protagonisten sind vielschichtig und interessant gezeichnet, was die Identifikation erleichtert. Die Beschreibungen der Hölle gelingen der Autorin besonders: Sie sind nie ausufernd, sondern so anschaulich, dass die eigene Vorstellungskraft angeregt wird, ohne den Raum der Fantasie einzuschränken.
Insgesamt bietet “Katabasis” ein gemischtes Leseerlebnis: ein packender Einstieg, eine Herausforderung im Mittelteil und ein versöhnliches Ende. Für Liebhaber anspruchsvoller Literatur mit mythologischem Hintergrund durchaus empfehlenswert – vorausgesetzt, man bringt das nötige Vorwissen und Geduld mit.