Bonnie Garmus’ Debüt ist ein Schmöker im besten Sinn: spannend, witzig, schmissig geschrieben – ein echter Pageturner, den man kaum aus der Hand legen möchte. Mit viel Humor, Ironie und provokanter Schärfe erzählt sie die Geschichte einer emanzipierten Protagonistin, die sich in der männerdominierten Welt der 1960er-Jahre behauptet.
Der Roman zerlegt Geschlechterrollen, stellt Sexismus und Machtmissbrauch bloß und ist zugleich ein Plädoyer für die Wissenschaft, für weibliche Selbstermächtigung, für die Anerkennung der Arbeit als Mutter und Hausfrau. Die Naturwissenschaften sind dabei weit mehr als ein Hintergrund: Sie werden zum Instrument der Befreiung. Elizabeth Zott denkt, lebt und lehrt Chemie – und führt mit derselben analytischen Präzision durchs Leben, mit der sie im Labor arbeitet. In einer Gesellschaft, die Frauen systematisch kleinhält, wird Wissenschaft zur Sprache des Widerstands, zum Mittel gegen Ignoranz und patriarchale Bevormundung.
Die Lektüre löst unweigerlich Zorn aus – und nicht selten blanken Männerhass. Denn die geschilderten Szenen sind so drastisch wie treffend, dass man den patriarchalen Strukturen jener Zeit (und ihren Nachwirkungen) nur mit Empörung begegnen kann.
Natürlich arbeitet der Roman mit Klischees, ist manipulierend und eindeutig auf Gefallsucht getrimmt. Als Bestseller wird er stark als leichte Unterhaltung inszeniert – nicht zuletzt auch durch das happy end, das die Geschichte in gefällige Bahnen lenkt. Große Literatur ist es nicht. Aber das schmälert den Lesegenuss kaum: Die Mischung aus Witz, Tempo und gesellschaftskritischem Unterton hat ihren Reiz.
Besonders einprägsam sind die Gedanken, die Garmus in den Roman streut: etwa die Beobachtung des „Nachmittagslochs“ – Menschen bräuchten neben acht Stunden Nachtschlaf auch ein Nickerchen am Nachmittag. Genau auf diese Stimmung reagierte das damals neu entstehende Fernsehen, das sein Nachmittagsprogramm gezielt mit leichter, beruhigender Unterhaltung füllen sollte. Doch Elizabeth Zott hingegen gelingt es von der ersten Minute an, das Publikum wachzurütteln: Sie macht ihre eigene Show, bindet die Zuschauerinnen aktiv ein – und konfrontiert sie, besonders aus feministischer Perspektive, mit ihrem eigenen Leben als Hausfrauen.
Eine Frage der Chemie ist ein amüsanter, provokativer und klug komponierter Roman gegen Sexismus und Machtmissbrauch – ein Plädoyer für Selbstermächtigung, Gleichberechtigung und die befreiende Kraft der Wissenschaft.