Es gibt Gerichte, die in allen Kulturen vorkommen, insbesondere, weil sie Reste verwerten … Fleischküchle / Fleischpflanzerl / Hacktätschli zum Beispiel. Oder Formen von Knödeln. Und dann gibt es die Currywurst, die verschiedene Geschmäcker vereint, die vorher noch nie vereint waren. Woher kommt denn dieses Gericht?
Das ist der Ausgangspunkt der Novelle. Die Handlung in kurz: Ein Journalist spricht mit einer älteren Dame im Pflegeheim in Hamburg. Von ihr sagt man, sie hätte die Currywurst erfunden, er will die Geschichte dazu erfahren - aber sie rückt nicht gleich damit raus, sondern erzählt häppchenweise: an sieben Tagen, eine Woche lang. Von den Erfahrungen, die sie im Krieg gemacht hat, als sie heimlich einen desertierten Soldat bei sich versteckte. Von der daraus resultierenden Liebesbeziehung. Wie sie sich, nach seinem Verschwinden, im Ring der Tauschwirtschaft (ultra interessant! Gab ja keine Geld-Währung, die was zählte!) alle möglichen Sachen zusammentauschte und organisierte, um einen Imbiss-Stand zu eröffnen - in dem sie eigentlich Fleischpflanzerl und Kaffee anbieten wollte. Und wie es dann eben dazu kam, dass sie die Currywurst erfand, zufällig, nebenbei. Aus Sentimentalität einer Liebe gegenüber, sozusagen.
“Die Entdeckung der Currywurst” ist eine echte und richtige Novelle. Für jemanden, der nix damit anfangen kann: kein Problem. Das Buch ist der Hammer.
Für jemanden, der die Gattung kennt ist es eine wahre Freude zu sehen, wie der Autor mit ihr spielt. Ganz, ganz grosses Kino. Es gibt alles: Dingsymbole noch und nöcher, die verwebende Textur, das mündliche Element, der begrenzte Zeitrahmen. Und grosses Indianerehrenwort: mir sind am Schluss Tränen über die Backe gerollt - zum ersten (und bislang auch einzigen) Mal, weil jemand so dermassen brillant gearbeitet hat und das elegant mit einem Kunstkniff zeigt - Hut ab, Uwe Timm. Du bist ein Meister!