Mit Gloria. Mohammed. legt Isabelle Flükiger einen mutigen, bewegenden und gesellschaftlich hochrelevanten Roman vor, der in seiner Klarheit und Empathie lange nachhallt. Es ist ein Buch, das uns aus unserer Komfortzone herausholt, nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit menschlicher Tiefe, kluger Beobachtung und literarischer Finesse.
Die Autorin konfrontiert uns mit der Realität von Sans-Papiers in der Schweiz, Menschen wie Gloria, die als Kindermädchen arbeiten, obwohl sie kein Aufenthaltsrecht haben, oder wie Mohammed, der als abgewiesener Asylbewerber auf Baustellen schuften muss. Diese Figuren bekommen bei Flükiger nicht nur eine Stimme, sie bekommen Raum, Würde und Komplexität. Ihre Geschichten sind erschütternd und aufrüttelnd, aber nie mitleiderheischend.
Flükiger gelingt es, durch die Perspektive einer Erzählerin, die zunächst selbst überrascht und irritiert ist, eine ehrliche Annäherung zu schaffen. Dadurch wird auch der Leser oder die Leserin eingeladen, Vorurteile und Gewohnheiten zu hinterfragen. Besonders beeindruckend ist, wie die Autorin soziale Ungleichheit, Doppelmoral und institutionelle Ignoranz literarisch zugänglich macht, klar, schnörkellos, mit feinem Humor und einer Prise Sarkasmus.
Ein Satz aus dem Buch bleibt besonders hängen:
Ich weiss nicht, ob ich mich schämen oder wütend sein soll. Oder beides.
Dieses Zitat bringt die emotionale Ambivalenz auf den Punkt, die viele Leser/innen während der Lektüre empfinden werden, und es spiegelt die zivilgesellschaftliche Verantwortung, die zwischen den Zeilen mitschwingt.
Gloria. Mohammed. ist ein literarisch wie inhaltlich kraftvolles Werk, eindringlich, berührend, aufklärend. Es ist eines jener Bücher, die nicht nur gelesen, sondern gefühlt und diskutiert werden wollen. Wer bereit ist, sich mit unbequemen Wahrheiten auseinanderzusetzen, findet hier eine erzählerisch kluge und mutige Stimme.