Salomon und Golde Meijer leben 1871 in Endingen in der jüdischen Gemeinde. Eines Tages steht Janki vor ihrer Tür und behauptet ein Verwandter zu sein. Janki bleibt, fügt sich in die Familie ein und beginnt seine Geschichte mit der Familiengeschichte der Meijers in der Schweiz zu verweben. Als er die Ziehtochter Chanele heiratet, mit ihr nach Baden zieht und ein Stoffgeschäft eröffnet, beginnt ein neuer Abschnitt in der Familiengeschichte. Bis 1945 darf der Leser/die Leserin die Familie durch die politischen und gesellschaftlichen Turbulenzen der Schweiz und Europa begleiten.
Ich habe das Buch geschenkt bekommen und mich sofort auf die 924 Seiten gefreut. Ich liebe dicke Bücher mit richtig guten Geschichten, um mal wirklich lange in eine Geschichte abzutauchen und mich von ihr durch den Alltag begleiten zu lassen. Das wird hier mit Melnitz vollumfänglich erfüllt. Die Familiengeschichte wird etappenweise erzählt. Immer wenn eine neue Generation erwachsen wird, erfolgt ein Zeitsprung. Im Anhang gibt es einen Stammbaum, der mir mit der Orientierung durch die Generationen geholfen hat. Auch das Glossar mit den Erklärungen zu den jüdischen Begriffen war sehr hilfreich. Als Leserin habe ich einen sehr guten Einblick in das jüdische Leben, die Entwicklung der Gesellschaft und des Antisemitismus in der Schweiz erhalten. Für mich ein wichtiges, lehrreiches, beeindruckendes, beängstigend aktuelles Buch.
Die Sprache von Lewinsky hat mir sehr gut gefallen. Er schreibt mit einem grossen Wortschatz, wunderbar konstruierten Sätzen, ohne dass die Sprache kompliziert wird. Der Lesefluss ist sehr gut und ich konnte mich von der Sprache einfach durch die Geschichte tragen lassen. Er beschreibt sehr präzise Personen, Charaktere und Situationen, die mein Kopfkino angeregt haben. Besonders beeindruckt hat mich wie sanft er mitten in einer Szene das Setting wechselt und bei der Geschichte eines anderen Familienmitgliedes landet. Dabei ist der Übergang immer nachvollziehbar und kein bisschen irritierend. So entsteht ein stehts vorwärts ziehender Fluss der Geschichte ohne heftige Übergänge.
Ein absolut wunderbares Buch.
Ich kann das Buch allen empfehlen, die historische Familiengeschichten mögen, sich für die jüdische Geschichte in der Schweiz interessieren und nicht vor 900 Seiten zurückschrecken.
Medium: Buch
p.s. es lohnt sich das Nachwort zu lesen. Es liefert eine Einordung des Buchtitels.