Die Zeit der Fliegen ist mein erster Roman von Claudia Piñeiro, und ich bin mit gemischten Gefühlen zurückgeblieben. Die Geschichte folgt Inés, die nach 15 Jahren Haft aus dem Gefängnis entlassen wird. Während sie sich in einer Welt zurechtfinden muss, die sich stark verändert hat, baut sie mit ihrer ehemaligen Zellengenossin Manca eine Firma auf, die gleichermassen für Schädlingsbekämpfung und Detektivarbeit steht. Doch als sie ein Angebot erhält, das moralisch fragwürdig ist, gerät ihr neues Leben ins Wanken.
Piñeiro schreibt in einem ironischen und teils bissigen Stil, der in manchen Passagen an eine Gesellschaftssatire erinnert. Obwohl das Buch als Komödie beschrieben wird, empfand ich es als komplexer und weniger als leichte Unterhaltungsliteratur. Die vielen Metaebenen und die tiefgehende Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Themen machen die Lektüre eher anspruchsvoll und stellenweise anstrengend. Neben der Haupthandlung gibt es ausführliche Exkurse über Fliegen und einen chorartigen Kommentar, der an Euripides’ Medea angelehnt ist. Diese zusätzlichen Ebenen mögen literarisch spannend sein, haben für mich aber den Lesefluss eher behindert.
Inhaltlich greift Piñeiro relevante Fragen auf: Was bedeutet Mutterschaft? Wie gehen wir mit Veränderungen in der Gesellschaft um? Und inwiefern kann sich ein Mensch überhaupt verändern? Diese Themen sind spannend, werden jedoch streckenweise so ausführlich diskutiert, dass die Handlung ins Stocken gerät. Während einige Aspekte fast überbetont werden, geht es am Ende dann überraschend schnell – so schnell, dass wichtige Themen nur noch angerissen werden.
Insgesamt ist Die Zeit der Fliegen ein intelligenter Roman, der viele Denkanstösse liefert, mich aber nicht vollständig überzeugen konnte. Vielleicht liegt es daran, dass mir der Kontext ihrer früheren Werke fehlt, vielleicht auch an der teils überfrachteten Erzählweise. Wer sich auf anspruchsvolle Literatur mit experimenteller Struktur einlassen möchte, könnte hier dennoch fündig werden.