Einleitung: Joël Dicker (*1985), Westschweizer Autor, wurde durch seinen Roman “Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert” international bekannt und gewann dafür mehrere Literaturpreise. Mit “Ein ungezähmtes Tier” beweist er erneut sein Talent für packende Erzählkunst.
Inhalt: Eines gleich vorweg: Spoilern wäre bei diesem Roman kaum möglich. Es geschieht so atemberaubend viel, dass man kaum hinterherkommt. Bereits auf den ersten Seiten zieht Dicker die Spannungsschraube an: In exakt sieben Minuten soll ein Raubüberfall auf ein Geschäft stattfinden. Parallel dazu lernen wir das Ehepaar Arpad und Sophie Braun kennen, das mit seinen beiden Kindern luxuriös am Waldrand unweit des Genfer Zentrums lebt. Arpad arbeitet bei einer Bank, Sophie ist Anwältin. Zur gleichen Zeit wird ein grauer Peugeot mit französischem Kennzeichen von der Polizei kontrolliert – alles scheint in Ordnung.
Doch der Schein trügt. Schnell wird klar, dass hinter den Fassaden der Figuren Abgründe lauern: Sophie wird bei ihrem morgendlichen Ritual heimlich von Greg, einem Freund Arpads und Mitglied einer Polizeispezialeinheit, beobachtet – mit Fernglas und Hund ausgerüstet. Und das ist nur der Auftakt. Nach und nach enthüllt Dicker die verschlungenen Lebenswege der Paare Arpad und Sophie sowie Greg und Karine, deren Vergangenheit voller dunkler Geheimnisse steckt.
Ein zentrales Symbol ist Sophies Panther-Tattoo, dessen Bedeutung erst im Verlauf der Geschichte klar wird. Der mysteriöse Peugeot-Fahrer Philippe Carral, genannt “Fauve” (was Raubtier bedeutet), saß einst mit Arpad im Gefängnis und hatte eine Affäre mit Sophie. Doch das ist nur ein Teil der Geschichte. Zusammen mit Arpad, der seine hochdotierte Stelle bei der Bank verloren hat, plant Fauve einen Raubüberfall. Die Spannung eskaliert, als Greg – ausgerechnet er, der um die Pläne Arpads weiß – die Einsatztruppe der Polizei anleitet. Aber ist das wirklich alles? Wer Dicker kennt, ahnt, dass die Wahrheit vielschichtiger ist.
Stil & Sprache: Dickens Erzählweise ist klar strukturiert, trotz des ständigen Wechsels zwischen Vergangenheit und Gegenwart bleibt der Lesefluss erhalten. Die Sprache ist typisch für ihn: fesselnd, präzise und voller Dynamik. Besonders auffallend sind die zahlreichen Wendungen und Cliffhanger, die das Buch zu einem echten Pageturner machen.
Treffendes Zitat zum Buchtitel und der Geschichte: “Ich wollte aus einem Panther einen Schosshund machen. Doch wilde Tiere sind wie Menschen. Man kann sie zähmen, schminken, verkleiden. Man kann sie mit Liebe und Hoffnung nähren. Ihre Natur aber kann man nicht verändern.”
Persönliche Meinung: Dieser Roman hat mich von Beginn an gefesselt. Besonders beeindruckend ist, wie Dicker tief in die Psyche seiner Figuren eintaucht. Trotz der teils verwirrenden Handlungsstränge werden ihre Gedanken und Motivationen auf packende Weise dargestellt. Das Resultat: ein wahrer Pageturner!
Fazit & Empfehlung: “Ein ungezähmtes Tier” bietet ein herausragendes Leseerlebnis für alle, die spannende, vielschichtige Literatur lieben. Absolute Empfehlung!