Einleitung: Thomas Blubacher (*1967), promovierter Theaterwissenschaftler, ist vor allem für seine Sachbücher bekannt. Abgehängt ist sein zweiter Kriminalroman, doch Vorkenntnisse aus dem ersten Band sind nicht nötig, um diesem problemlos folgen zu können. Beide Geschichten spielen in Basel, Blubachers Geburtsstadt – ein zusätzlicher Reiz für alle, die mit der Stadt vertraut sind. Ich hatte das Vergnügen, den Autor bei einer Buchvernissage in Basel kennenzulernen. Besonders beeindruckt hat mich, wie er davon erzählte, dass seine Figuren in seinem Kopf „mit ihm sprechen“ und er das Gesagte einfach nur niederschreibt. Dabei verlässt er sich jedoch nicht allein auf seine Vorstellungskraft: Seine Recherchen sind unglaublich umfangreich und verleihen dem Buch eine faszinierende Atmosphäre zwischen Wahrheit und Fiktion.
Inhalt: Die Geschichte spielt im Jahr 1939, einer Zeit des politischen Umbruchs und der baulichen Erweiterung der Wettsteinbrücke in Basel. Während in Deutschland der Nationalsozialismus erstarkt, beginnt Blubachers Krimi in einem der traditionsreichsten Cafés der Stadt – im ersten Stock der Confiserie Schiesser am Marktplatz. Dort treffen sich Hermine Leitz, ihre Tante Rosa, Rosas Arbeitgeber Max und dessen Freund Simon. Hermine berichtet von merkwürdigen Vorfällen im Haus ihres Dienstherrn, Professor Merian. Am nächsten Tag erfahren Max und Simon, dass Merian, der sich gerne als Wohltäter gibt, überfallen und ins Spital eingeliefert wurde. Angeblich wurde nichts gestohlen, doch Hermine berichtet, dass Merian sich in seiner Villa Hohenfirstenhof an der Rittergasse mit einem Unbekannten gestritten haben soll – und das während ihrer Abwesenheit.
Besonders mysteriös: Nachdem der Unbekannte das Anwesen verlassen hatte, blieb sein Hut in der Garderobe zurück – nur um am nächsten Tag plötzlich zu verschwinden. Was hat es mit diesem Hut auf sich? Bald tauchen auch verdächtige Geldtransfers auf. Und natürlich gibt es in einem Krimi auch immer eine Leiche … Doch wer steckt hinter dem Verbrechen? Sind gar stadtbekannte Persönlichkeiten in den Fall verwickelt? Die Spannung bleibt bis zur letzten Seite erhalten.
Zitate: „…, so hat er mir einen Zweifränkler in die Hand gedrückt. Was zu viel ist für ein Kinobillett…“ „Jeder in Basel weiss, dass Felix Merian jene Bekanntschaften am liebsten sind, die ihm erspart bleiben.“
Persönliche Meinung: Besonders beeindruckend ist, dass Blubacher nicht nur eine gehobene Sprache verwendet, sondern seinen Roman auch mit zeitgenössischen Begriffen anreichert. Wörter wie Tinnef, honett, agassiert, basal oder plebejisch musste ich gelegentlich nachschlagen – eine kleine Herausforderung, die aber perfekt zur historischen Atmosphäre beiträgt. Zudem schafft es der Autor, seine Geschichte an Schauplätzen anzusiedeln, die bis heute existieren, was den Roman besonders lebendig macht.
Fazit & Empfehlung: Blubacher bettet historische und gesellschaftliche Zusammenhänge meisterhaft in seinen Krimi ein. Personen und Ereignisse sind hervorragend recherchiert und geschickt mit lokalem sowie geschichtlichem Hintergrund verknüpft. Sein flüssiger, mit feinem Humor durchzogener Schreibstil macht Abgehängt zu einem echten Lesevergnügen. Wer historische Krimis mit gut recherchiertem Hintergrund und starker Atmosphäre schätzt, wird hier voll auf seine Kosten kommen.
Übrigens: Blubachers dritter Krimi spielt im Jahr 1940 und ist bereits fertiggestellt – eine Fortsetzung, auf die man sich freuen darf!