JonasZ
Hinsichtlich des Titels geht es mir genauso - ich finde, der titelgebende Inhalt “Die letzte Fahrt des Zaren” erhält insgesamt zu wenig Raum dafür, dass es eben Titel ist. Wobei ich das auch wiederum gut finde, erfährt man doch so viel rund um den Hintergrund und blickt über den Tellerrand und sieht es eben nicht nur aus der Perspektive des Zaren. Ich bin davon also nicht enttäuscht, aber das politische Klein-Klein war mir teils wirklich zuviel und etwas, was ich bei dem Titel nicht erwartet habe.
Mir ist es auch darum teils schwergefallen, das Buch zu lesen, weil ich die ganzen Details nicht immer abrufen konnte und wenn man diese dann immer geistig beiseiteschiebt, verliert man schon einen Teil des Überblicks. Was ich aber mitnehme, ist ein größeres Verständnis für die Epoche in Russland und das gefällt mir sehr gut, weil ich das Gefühl habe, ich habe wirklich eine neue historische Perspektive dazugewonnen. Das Buch macht mir Lust darauf, auch mal mehr Sachbücher zu lesen. Wenn man mal überlegt, wie viel mehr man mit einer halben Stunde Lesen eines fundierten Sachbuchs gewinnt im Vergleich zum Konsum von einer halben Stunde Social Media, dann ist das schon erstaunlich und das hat mir das Buch, zu dem ich mich manchmal aufgrund der Details “aufraffen” musste, vor Augen geführt.
Dass einzelne Schicksale am Ende noch ausgeführt werden, finde ich auch klasse, denn unser Zugang zur Geschichte war eben ein Zugang, der auf den Persönlichkeiten beruhte, auf den Menschen. Das hat das Buch auch wieder deutlich gemacht: Geschichte ist immer die Geschichte von vielen Einzelschicksalen, aus deren Augen wir eben hier auf das Geschehene blicken konnten. Und “Schicksal” trifft es auch wortwörtlich, denn der Zar ist eben für seine Rolle ungeeignet, war aber in sie hineingeboren. Die Krankheit seines Sohnes, die grausame Tötung… Vieles war eben schicksalhaft - aber natürlich nicht nur für ihn, sondern auch für die vielen anderen Protagonisten.
Ich bedanke mich für diese Einblicke und für die tolle Lesegemeinschaft!