Die Tatsache, dass ich gezögert habe, die Rezension überhaupt zu veröffentlichen, zeigt, wie Tabu ich den Zyklus im öffentlichen Diskurs noch wahrnehme - und damit bin ich wahrscheinlich nicht die einzige. Aber das heisst für mich, dies gerade deswegen doch zu schreiben.
Ich habe ein paar interessante Sachen gelernt. Dass Frauen nicht nur in einem 24h- sondern auch einem 28-Tage-Rhythmus leben, war mir klar. Aber mir war nicht aktiv bewusst, dass damit auch verschiedene Phasen auftreten und es normal ist, dass man sich während der 28 Tage nicht immer gleich fühlt.
Ich glaube, es ist weit verbreitet die Annahme, dass man sich während der Periode einfach durchkämpfen muss, Schmerzmedis nimmt, beim Sport etwas mehr geschlaucht wird und aber einfach funktionieren soll wie immer. Dagegen war das Buch ein Augenöffner: Unser Zyklus ist kein Problem. Die Art, wie wir damit umgehen, macht ihn zum Problem.
Im Buch sind Vorschläge, was für Essen einem in den verschiedenen Zyklus-Phasen am ehesten gut tun könnte und dass man seinen Terminkalender so gut wie möglich anpassen kann, je nachdem wie man sich üblicherweise in den verschiedenen Phasen fühlt. Und dass es normal ist, dass man nicht immer gleich viel Energie für Sport hat und das Training entsprechend anpassen sollte. Das fand ich echt hilfreich.
Aber dann gab es auch Abschnitte, die ich echt überflüssig fand. Beispielsweise schreibt die Autorin von ihrer “Social-Media-Bubble”, wo sie lernt sich nach dem Mondlicht zu richten. Oder dass man Endometriose-Symptome durch richtige Ernährung fast beseitigen kann. Das ist für mich problematisch, weil die Autorin Erfahrungstipps mit medizinischen Tipps vermischt und nicht klar voneinander unterscheidet.
Wenn man das Buch (500 Seiten!) um die Hälfte kürzen würde (an den richtigen Stellen), gäbe es 5 Sterne von mir. Der Zyklus ist noch immer ein Tabuthema und trägt dazu bei, dass nicht nur Männer sondern oft auch die Frauen selbst oft manche Symptome nicht ernst nehmen, nicht erkennen, ignorieren, Krankheiten & Hormonungleichgewichte etc spät erkennt werden. Ich finde es wichtig, dass sich Frauen (aber gerne auch Männer) damit beschäftigen, was mit rund 50% der Menschen auf der Welt monatlich passiert, was sie brauchen, und auch, welche Symptome normal sind, wie man damit umgeht, und ab wann etwas nicht mehr normal ist.
Die Hauptaussage, die ich nach dem Lesen mitgenommen habe: Höre mehr auf deinen Körper, auch wenn (und besonders wenn) es davon abweicht, was alle rundum machen und von dir erwarten.