C Pam Zhangs Ich-Erzählerin nimmt uns mit in ein entscheidendes Jahr ihres Lebens. Angesiedelt in einer dystopischen Zukunft, in der menschengemachter Smog die Lebensmittelproduktion praktisch zum Erliegen gebracht hat, erhält unsere Köchin die Chance, wieder ins Leben einzutauchen. Ein Investor hat auf einem Berg in Italien eine abgeschottete Kolonie gegründet, auf der noch alles im Überfluss vorhanden ist, auch wegen der unterirdisch angesiedelten Labore. Doch die letzten Jahre haben ihre Spuren in der Ich-Erzählerin hinterlassen und so dauert es Monate, bis sie ihren Appetit wieder- und erstmals überhaupt in ihrem Leben zu sich selber findet.
Die Erzählerin schildert die Ereignisse rückblickend, dann jedoch in chronologischer Reihenfolge (passend zur zeitlich auf ein Jahr begrenzten Handlung ist auch die Erzählung auf zwölf Kapitel aufgeteilt). Ich muss gestehen, dass ich gar nicht sagen kann, ob die Erzählerin uns irgendwann ihren Namen verrät. Wenn nicht, passt das aber zum Thema der Selbstfindung, da sie ihr Leben lang – wegen ihrer asiatischen Herkunft, wegen der Tatsache, dass sie eine Frau ist – darum kämpfen musste, gesehen zu werden, und sich dabei selber verloren hat. Vom Szenario her stehen dabei primär Kapitalismus- und Gesellschaftskritik im Vordergrund. C Pam Zhangs Roman plädiert für Einfachheit, Zusammenhalt und einen sorgfältigen Umgang mit Natur, Ressourcen und unseren Mitmenschen.
Die Lektüre von «Wo Milch und Honig fliessen» gibt uns vielfältigen Anlass zum Nachdenken und Diskutieren und ist dabei ein enorm sinnlicher Text. Nicht umsonst ist unsere Protagonistin Köchin. Allein für die Beschreibung der diversen Geschmacksexplosionen, die sie unter anderem beim Genuss von Erdbeeren ereilen, lohnt sich die Lektüre dieses herausragenden Romans.
Aus dem Englischen übersetzt von Eva Regul.