Es gibt Bücher die von sich reden lassen noch bevor gelesen werden. Konklave ist eins davon. Man dürfte denken : was? Im Jahr 2024 noch ein Thriller, der auf der Bühne der katholischen Kirche sich abspielt? Ist das noch von Interesse? Wurde nicht schon alles mehrmals durchgekaut in unzähligen, gut recherchierten, zum Teil tief sinnigen historischen Romanen der letzten Jahrzehnten? Scheinbar ist der Boden noch fruchtbar. Der Roman von Harris hat es in sich: ein Krimi, der in einer anderen beliebigen Kulisse hätte stattfinden können ohne große Welle zu erzeugen. Aber : Hier geht es um den höchsten Posten einer der meist diskutierten, kritisierten, geliebten, gehasste und langlebigen Institution auf dieser Erde : Die katholische Kirche. Die Handlung ist gekonnt geschrieben, kurzatmig, mit Überraschungen und plötzlichen Wendungen. Durchaus angenehm, ohne Gewalt und Sex. Es geht letztendlich um eine Gruppe von älteren Männern, die die einmaligen Gelegenheit im Leben bekommen, ganz oben in die Hierarchie zu kommen und der Kirche die eigenen Richtung anzugeben. Faszinierend ist die Beschreibung der einzelnen Charakteren / Bewerber: mit wenigen Pinselstrichen und Dialogen konnte man sich die unterschiedlichen Persönlichkeiten und die inneren Motive gut vorstellen. Die Hauptfigur überzeugt auf menschlicher Ebene auf allen Fronten : selbstzweifeln, Treue zu Kirche versus Treue zu Gott, aber auch kurzfristig liebäugelnd die Möglichkeit, als Papst gewählt zu werden. Harris gibt der Kirche in diesem Roman die virtuelle Chance, sich weiter zu entwickeln, alte Sünde wieder gut zu machen, er gibt Laurenti die Aufgabe , den Rückfall derselben in konservative Stellungen zu vermeiden. Am Ende ist dann mit dem neuen Papst Innocentius den ultimative Schritt zum brechen jeglichen taboos vollzogen und unwiderruflich die erste Etappe einer ganz neuen Ära gezeichnet.
Unterhaltsam.