Ich liebe Romance, aber nur, wenn es Tiefgang hat, authentische Charaktere sind und wichtige (schwierige) Themen behandeln. Wie in diesem Fall Mental Health. Vom Cover brauchen wir gar nicht erst zu reden. Es ist wunderschön. Die Farben sind nicht knallig, fallen aber dennoch auf, was mir unheimlich gut gefällt. Dann die Zusätze wie der Farbschnitt und die Charakterkarte… Mega schön! Die Thematik “People Pleasing” hat mich sehr angesprochen, weil ich früher als Teenager so war und ich wissen wollte, wie die Autorin dies eingebaut hat.
Emilie ist ein etwas zurückhaltendes, süsses, aber unsicheres Mädchen. Sie hatte den Mut nach ihrer Ausbildung nach Brighton zu kommen, um ein Jahr lang in einer Chocolaterie zu arbeiten. Es ist definitiv nicht einfach sein Land zu verlassen und ins Ausland zu gehen, um ein Jahr lang zu arbeiten. Dafür habe ich sie sehr bewundert. Sie ist sehr schlau und ihre Leidenschaft zu backen fand ich so süss. Dass es zu Beginn sehr holprig war, ist durchaus nachvollziehbar und authentisch. Das machte Emilie für mich nur noch sympathischer. Sie trifft auf Jake, einen Drummer aus einer Band und ist sofort von ihm hie und weg. Jake hingegen ist so ziemlich lost und weiss überhaupt nicht, was er mit seinem Leben anstellen soll. Er ist unglücklich mit seinem Studium. Um so mehr will er auf der Bühne stehen, seinen ganzen Frust rauslassen und sich anschliessend ein Mädchen angeln. Mehr als ein ONS kriegt er nämlich nicht hin. Bis er auf Emilie trifft… Jake ist fasziniert von ihr, mit ihr fühlt er sich wohl und kann mit ihr über alles reden. Da er sich aber nicht binden möchte, starten sie nur etwas lockeres. Hier fand ich es zwar gut, dass Jake von Anfang Klartext mit ihr redete. Da gab es kein Missverständnis und Emilie hat auch eingewilligt. Hier sahen wir zum ersten Mal, wie Emilie sich wegen ihm verstellt, versucht eine andere zu sein und alles tat, um ihn zu gefallen. Eigentlich weiss sie, dass es falsch ist so zu handeln. Aber die Bedürfnisse anderer sind ihr wichtiger.
An dieser Stelle könnten einige sagen, dass ihr Verhalten nervig ist. Ist es auch, ABER! People Pleaser haben es sich nicht ausgesucht so zu sein. Da steckt sehr viel mehr dahinter. Die Erziehung und Erfahrungen zum Beispiel. Das gleiche mit Jake. Er wirkt wie ein arroganter A***, obwohl er eigentlich liebenswert ist und durchaus eine gute Seite hat. Doch auch bei ihm spielt die Erziehung und vor allem die hohe Erwartung seiner Familie eine grosse Rolle. Emilie hat “nur” noch eine Mutter, die ihr regelmässig ein schlechtes Gewissen einredet. Sie besitzen nicht viel und trotzdem kämpft Emilie, um ihre Ziele irgendwie zu erreichen. Bei Jake ist es das Gegenteil: er hat Familie, Geld und kann sich einfach aussuchen was er tun möchte, ohne gross darüber nachzudenken. Doch kein Geld der Welt kann dir deine Zukunft kaufen, wenn es nicht das Richtige für dich ist. Er wird so unter Druck gesetzt, dass er sich selbst verloren hat und Musik sein einziger Rückzugsort ist.
Die Autorin hat das Thema Mental Health daher sehr gut umgesetzt. Toll fand ich vor allem, dass Emilie von einem Coach begleitet wird, der ihr viele Dinge aufzeigt und beibringt. Sie fing an nachzudenken und zu reflektieren. Schritt für Schritt wird ihr einiges klarer und fing auch an es umzusetzen. Jake hingegen ist auf sich alleine gestellt und versucht sein Leben auf die Reihe zu bekommen. Er fällt! Tief! Und als er Emilie verloren hat, beginnt auch er über sein Verhalten und sein Leben nachzudenken.
Ich liebte die Atmosphäre und das Setting so sehr. Durch das ganze Buch hatte ich das Gefühl wirklich dort zu sein. Die Nebencharaktere hatten es mir auch sehr angetan. Julie, Emilie’s beste Freundin. Alvaro, ihre erste Bekanntschaft und schliesslich best friend. Amy, Jake’s Schwester. Polly, Emilie’s Mitbewohnerin. Sie haben tatsächlich einiges dazu beigetragen. Alle tragen ihr Päckchen mit sich herum und trotzdem sind sie füreinander da. Die Entwicklung aller Charaktere kam zwar langsam, aber dafür war es authentisch. Gerade das Coaching hat vieles dazu beigetragen. Ich habe mir vieles herauskopiert und mir auch Gedanken darüber gemacht.
Was das Buch noch schöner machte, waren einzelne Kapitel mit Chat-Verläufen. Den Songtext von Jake und am Schluss noch die paar Rezepte, die Emilie im Buch gebacken hat. Ich hatte das Gefühl, dass die Autorin die Leser überall miteinbeziehen wollte. Was ihr sehr gut gelang. Nicht nur das, sie hatte bei mir auch allerlei Emotionen hervorgerufen. Und das habe ich wirklich selten bei einem Romance-Buch.
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung. Wer mit den Tropes “Second Chance”, “Mental Health”, “she fell first but he fell harder” und “Music Romance” umgehen kann und mag, ist er hier genau richtig. Gefühlvoll, mitreissend, emotional, bittersüss und herzerwärmend.