Sing, wilder Vogel sing von Jacqueline Mahoni ist ein spannend geschriebenes Buch, das fesselt. Es wird der Lebens-und Leidensweg einer jungen Frau aus Irland Mitte des 19. Jahrhunderts aufgezeichnet. Die Kindheit als Halbwaise mit wenig Liebe von ihrem Vater hat Honora “verwildern” lassen, in der Natur aufwachsen lassen. Früh Flucht in eine Ehe mit einem Mann, der in seinem Familienclan wenig zu sagen hat (es scheint aber doch eine gegenseitige Anziehung zu bestehen). Die grosse Hungersnot (deren Ursachen leider kaum beschrieben werden, man wird zumindest animiert, die Geschichte wieder mal zu repetieren) lässt einen Grossteil der irischen Landbevölkerung sterben oder Auswandern. Honora erleidet eine Früh-Totgeburt unterwegs auf dem Rückmarsch zu Gutsherren. Dass sie schwanger war, wusste sie offenbar nicht. Die geschilderte Geburt in der Kälte unterwegs hätte niemand überlebt ausser Honora, eine der vielen “Unmöglichkeiten” in diesem Buch. Ihr Mann harrt aus bei ihr über Tage, stirbt schliesslich. Die Protagonistin gelangt ohne Ticket auf ein Schiff nach New York. Nach einer Station in einem Grosshaushalt, wo sie zusammen mit der Mitgereisten Mary ausgenutzt wir, fliehen die beiden in den “wilden Westen” (wie ist nicht beschrieben) Dort landen sie in einem Bordell, müssen dort längere Zeit arbeiten. Wieder Flucht in eine Ehe mit einem Freier, der es gut mit ihr meint, den sie aber nicht liebt.
Zuletzt “Rettung” durch einen indigenen Mann nachdem Honora durch einen Sturz vom Pony schwer verletzt wurde. Im Nachwort beschreibt die Autorin, dass sie eine Verbindung der irischen Migranten mit dem in ihren Augen ähnlichen Schicksal der von ihrem Land vertriebenen indigenen Völker in den USA beschreiben wollte.
Im Roman spielen Vögel insofern eine Rolle, dass ein Rotkehlchen als Unglücksbringer, Verbindung zu den Toten wiederholt auftritt (vergessen geht, dass es in den USA keine Rotkehlchen gibt). Eine Seherin, eine alte Frau namens Alice weissagt am Anfang Honora ihr Schicksal und schenkt ihr eine Vogelfeder als Glücksbringer (die sie-oh Wunder, bis fast zum Ende über ihrer Brust bei sich trägt). Auch Schwalben kommen vor - aber singen tun die Vögel nicht.
Die Charaktere in diesem Buch sind oberflächlich beschrieben gut oder böse, wenig Differenziertheit. Mit der Protagonistin kann ich mich schlecht identifizieren, kann ihr keine Wärme entgegenbringen. Die Männer sind zumeist holzschnittartig beschrieben, Statisten in der Geschichte.
Wer gerne Spannung hat, Dramatik liebt, etwas Mystik auch und es mit der Wahrscheinlichkeit einer Story nicht so genau nimmt, wird das Buch gerne lesen. Allen anderen kann ich es nciht empfehlen.