Von diesem Krimi hatte ich mir mehr versprochen. Allein die Ausgangslage war schon gut: Ein luxuriöses Herrenhaus bei Zermatt, das zu Heiligabend durch starken Schneefall von der Aussenwelt abgeschnitten wird, eine Grossfamilie, die widerwillig und nach dem Erbe lechzend zusammenkommt und dann ein Todesfall.
Silvia Götschi schreibt abwechselnd vom fatalen Heiligabend (aus Sicht ihrer Ich-Erzählerin Anna) und von den vorangegangenen Dezembertagen (als allwissende Erzählerin immer mit Fokus auf ein anderes Familienmitglied). Leider kommt die Handlung überhaupt nicht voran dabei. Die Rückblenden sind Wiederholungen derselben Themen: Geldgier, Egoismus und der gefühlten Benachteiligung von Clothildes verzogener Familie. Was ich in der Häufung (bei fünf eigenen Kindern, diversen Enkeln und Urenkeln) übertrieben und wenig einfallsreich fand. Übertrieben und nicht immer nachvollziehbar waren auch die Reaktionen der Figuren. Die diversen familiären und finanziellen Probleme, die während der Rückblenden zu Tage kommen, werden am Heiligabend jedoch nur halbherzig verfolgt, stattdessen werden wilde Vermutungen geäussert.
Ebenfalls wenig überzeugend fand ich die altertümlich wirkende Sprache, die zur allwissenden Erzählerin passen mag (von einigen seltsam anmutenden Formulierungen abgesehen), aber nicht zu den Enkeln und Urenkeln, die maximal Mitte 20 sind.
Die letzten 100 Seiten habe ich dann nur noch überflogen. Die Auflösung war mir persönlich auch etwas zu einfach, die diversen Probleme bleiben am Ende offen. Es folgen noch einige Rezepte, vielleicht sollte ich mir die nochmal anschauen.
Für mich war es der erste Krimi von Silvia Götschi. Allen, die ebenfalls noch nichts von ihr gelesen haben, würde ich empfehlen, mit etwas anderem zu starten, in der Hoffnung auf mehr Lesevergnügen.