Coco Mellors’ Debütroman Cleopatra und Frankenstein ist eine fesselnde, bittersüsse Geschichte über Liebe, Selbstfindung und die Zerrissenheit moderner Beziehungen. Im Zentrum der Handlung stehen Cleo, eine junge britische Künstlerin, die sich auf der Suche nach sich selbst und einem stabilen Leben in New York wiederfindet, und Frank, ein erfolgreicher, aber emotional distanzierter Mann Mitte vierzig, der auf eine unerwartete Weise von Cleo angezogen wird.
Der Roman beginnt mit einem scheinbar klassischen Liebesmotiv: Cleo und Frank lernen sich auf einer Party kennen, und ihre sofortige Anziehung führt sie schnell in eine impulsive Ehe. Doch anstelle einer romantisierten Darstellung ihrer Beziehung, bietet Mellors eine tiefgründige und schonungslose Auseinandersetzung mit den emotionalen Herausforderungen und inneren Konflikten, die beide Charaktere mit sich herumtragen.
Besonders beeindruckend ist Mellors’ Fähigkeit, ihre Figuren mit vielschichtigen, komplexen Persönlichkeiten auszustatten. Cleo ist nicht die typische junge Muse; sie kämpft mit Selbstzweifeln, Identitätsfragen und einem instabilen Lebensstil. Frank wiederum wird nicht als blosser Retter dargestellt, sondern als ein Mann, der in seiner Unfähigkeit, sich wirklich zu öffnen, gefangen ist. Diese Brüche in ihren Charakteren machen sie menschlich und nahbar, sodass man als Leser emotional stark involviert ist.
Stilistisch zeichnet sich Cleopatra und Frankenstein durch scharfsinnige Dialoge, lebendige Beschreibungen und eine feine Beobachtungsgabe aus. Mellors schafft es, die pulsierende Energie New Yorks einzufangen und gleichzeitig intime, verletzliche Momente der Einsamkeit und des inneren Aufruhrs zu vermitteln. Der Ton des Romans schwankt geschickt zwischen humorvollen, fast absurden Szenen und düsteren, melancholischen Passagen, was die emotionale Bandbreite der Erzählung verstärkt.
Ein weiteres starkes Element des Buches ist die Tiefe, mit der die Nebenfiguren dargestellt werden. Cleos und Franks Freundeskreis und Familie sind nicht blosse Statisten, sondern tragen wesentlich zur Entwicklung der Handlung bei und beleuchten die unterschiedlichen Facetten moderner Beziehungen und Lebensentscheidungen.
Was das Buch so besonders macht, ist die Art und Weise, wie Mellors Themen wie Liebe, Identität und Schmerz verwebt. Cleopatra und Frankenstein ist kein Buch, das eine klare Antwort auf die Frage nach dem Glück liefert. Vielmehr zeigt es, dass Liebe oft chaotisch, unvollkommen und voller Widersprüche ist. Es zwingt den Leser, über die vielen Formen nachzudenken, die Liebe und persönliche Erfüllung annehmen können – und wie selten sie ohne Verlust und Opfer kommen.
Insgesamt ist Cleopatra und Frankenstein ein brillanter und emotional packender Roman, der sich mit den Unsicherheiten und Schönheiten des Lebens auseinandersetzt. Mellors beweist mit ihrem Debüt eine bemerkenswerte Sensibilität für zwischenmenschliche Beziehungen und eine erfrischend unverblümte Darstellung von Liebe und Schmerz. Ein Buch, das noch lange nach dem Lesen nachhallt.