“Wieso?” schreit Achim ins Meer hinaus. Die Frage richtet sich an seinen verstorbenen Vater, der immer behauptet hat, seine alte Heimat habe keine Zukunft. Und doch hinterlässt er Achim ein Haus und Grundbesitz.
Montanos Debütroman handelt von Auswandererkindern. Menschen mit Wurzeln in zwei Böden nennt er sie. Menschen, die in einer Kultur aufgewachsen sind und in sich eine zweite Kultur tragen.
Nach dem Tod des Vaters entdeckt Achim die Basilikata in Süditalien. Sein Vater ist in den 50er Jahren ausgewandert, hat eine Deutsche geheiratet und ging niemals zurück. Da gebe es nichts zu sehen, behauptete er stets. Die Welt, die sich Achim öffnet, ist ganz anders. Nachdem er eine Tote in einer Kirche entdeckt, versucht er mehr über die Verstorbene zu erfahren. Die Parallelen zur Geschichte seiner eigenen Familie zwingt ihn, sich der Geschichte seines Vaters und seinem eigenen Verhalten zu stellen.
Montano ist eine sehr schöne, glaubhafte Geschichte gelungen, eine Entdeckungsreise in eine der ärmsten Gegenden Italiens. Mit der Hauptfigur Achim Crocco reist man zwischen der Moderne und der Vergangenheit hin und her. Der Roman ermöglicht es auch, die Basilikata zu entdecken, diese süditalienische Region zwischen Apulien und Kalabrien fern von den grossen touristischen Orten. Eine Gegend voller Widersprüche. Ein Land der Auswanderung seit dem 19. Jahrhundert, weil die wirtschaftlichen Perspektiven so schlecht waren. Ein Land aber auch der Energie mit dem grössten Erdölvorkommen auf dem westeuropäischen Festland, der Wasserkraft und den Windrädern. Eine Gegend, die gleichzeitig in der Vergangenheit stecken geblieben scheint und die dennoch sich entwickelt und verändert.
Die Tote von Anglona taucht den Leser in die doppelte kulturelle Identität der Menschen mit Eltern aus zwei Ländern. Schritt für Schritt lernt man mit Achim den Spagat zwischen einem modernen Leben und einer archaischen Herkunft zu meistern. Montano führt den Leser über alltägliche Gespräche, Gesten und Emotionen durch Achims Reise zu sich selbst. Wie ein unsichtbarer Beobachter erlebt man Achims Suche nach der Wahrheit.